Vorgesehene Predigt für den 1. Sonntag nach Epiphanias - 10. Januar 2021

 


1. Sonntag nach Epiphanias

Predigt:
Lektor Roland Dier

Ermahnung statt Trost?

Psalm 100

Ein Danklied. Jubelt dem Herrn zu, ihr Bewohner der Erde!

Stellt euch freudig in seinen Dienst! Kommt zu ihm mit lautem Jauchzen!

Denkt daran: Der Herr allein ist Gott! Er hat uns geschaffen und ihm gehören wir. Sein Volk sind wir, er sorgt für uns wie ein Hirt für seine Herde.

Geht durch die Tempeltore mit einem Danklied, betretet den Festplatz mit Lobgesang! Preist ihn, dankt ihm für seine Taten!

Denn der Herr ist gut zu uns, seine Liebe hört niemals auf, von einer Generation zur anderen bleibt er treu.

Predigt

Was soll eine Predigt, welche Aufgabe hat sie? Belehren, ermahnen, ein schlechtes Gewissen machen, Regeln für das Leben vorgeben, Trost spenden oder Hoffnung machen?

Wir leben in  Zeiten in denen so manche Predigt nicht gehalten wird, in denen Sie die Worte dieser Predigt nicht hören, sondern nur lesen können - im Internet oder in einer E-Mail.

Vielleicht sitzen Sie auch gerade in der Kirche, alleine oder zu zweit und haben sie dort gefunden, ausgedruckt auf Papier.

Menschen, die in Zeiten wie diesen von einer Predigt vorallem Trost und Zuspruch erwarten, kann ich gut verstehen. Aber kann ich als Prediger diese Erwartung erfüllen?

Für jeden Sonntag im Kirchenjahr gibt es einen Predigttext, zu dem es etwas zu sagen gilt, über den gepredigt werden soll.

Doch nicht aus allen Bibelstellen spricht Trost und Zuversicht. Wie ist es mit unserem heutigen Predigttext? Heute ist es ein Abschnitt aus dem Brief des Paulus an die Römer. In Kapitel 12, Vers 1-8 lesen wir folgendes:

Ich ermahne euch nun, Brüder und Schwestern, durch die Barmherzigkeit Gottes, dass ihr euren Leib hingebt als ein Opfer, das lebendig, heilig und Gott wohlgefällig sei. Das sei euer vernünftiger Gottesdienst. Und stellt euch nicht dieser Welt gleich, sondern ändert euch durch Erneuerung eures Sinnes, auf dass ihr prüfen könnt, was Gottes Wille ist, nämlich das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene. Denn ich sage durch die Gnade, die mir gegeben ist, jedem unter euch, dass niemand mehr von sich halte, als sich's gebührt, sondern dass er maßvoll von sich halte, wie Gott einem jeden zugeteilt hat das Maß des Glaubens. Denn wie wir an einem Leib viele Glieder haben, aber nicht alle Glieder dieselbe Aufgabe haben, so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, aber untereinander ist einer des andern Glied. Wir haben mancherlei Gaben nach der Gnade, die uns gegeben ist. Hat jemand prophetische Rede, so übe er sie dem Glauben gemäß. Hat jemand ein Amt, so versehe er dies Amt. Ist jemand Lehrer, so lehre er. Hat jemand die Gabe, zu ermahnen und zu trösten, so ermahne und tröste er. Wer gibt, gebe mit lauterem Sinn. Wer leitet, tue es mit Eifer. Wer Barmherzigkeit übt, tue es mit Freude.

Unser heutiger Bibeltext beginnt mit den Worten " ich ermahne euch" und ist damit eine von 24 Bibelsstellen, in denen das Wort ermahnen vorkommt. Ermahnung statt Trost - will ich das, will ich ständig ermahnt werden?

Nun, manchmal klingt das Deutsch Martin Luthers seltsam für unsere heutigen Ohren. Also habe ich mich auf die Suche nach einer anderen Übersetzung gemacht, die ich vielleicht besser verstehe. In der Guten Nachricht Bibel steht: "bitte und ermahne ich euch", in der Übersetzung Hoffnung für Alle steht:  "ich fordere euch auf". Ermahnung mit dem dem Wort Bitte ergänzt oder gegen das Wort Forderung zu tauschen klingt für mich auch nicht gerade tröstlich und Mut machend. Doch Aufgabe ist Aufgabe. Schauen wir uns also die Forderungen einmal an.

Die erste Forderung die Paulus aufstellt, ist die Forderung nach einem Gott wohlgefälligen Leben. Macht nicht das, was die Welt will, sagt er. Folgt nicht dem Mainstream, wie es in Neudeutsch heißt. Eine Forderung? Ja, aber eine die auch befreiend sein kann. Ich muss nicht jeder Mode, jeder Weltanschauung, jedem "das musst du aber so oder so tun" nachlaufen. Und es muss mich auch nicht bedrücken, wenn ich es nicht kann. Ist das nicht ein Trost?

Nehmt also nicht die Forderungen dieser Welt zum Maßstab, sondern orientiert euch wie Paulus sagt, an Gottes Maßstäben.

Was sind aber Gottes Maßstäbe? Die Antwort: "Das Gute und Wohlgefällige und Vollkommene". Diese Antwort liebe Schwestern und Brüder ist nicht so einfach wie sie zunächst erscheint. Denn Gottes Wille ist nicht das was gut, wohlgefällig oder vollkommen ist. Gut kann ein Essen sein, eine Arbeit die ich getan habe und die mir gelungen ist. Wohlgefällig ist etwas was mir gefällt, z. B. ein Musikstück. Und ein Kunstwerk kann vollkommen sein.

Was ist aber das Gute, das Wohlgefällige, das Vollkommene. Ich habe nach Antworten gesucht. Gesucht habe ich bei den großen Philosophen. Bei den alten Griechen, bei Sokrates und Platon. Gesucht habe ich bei den Kirchenvätern bei Philon von Alexandria und Augustinus. Kluge Worte habe ich da gelesen. Manches habe ich zwei- dreimal gelesen, weil es für mich nur schwer zu verstehen war. Und hilfreich für mein Leben, für mein Zusammenlenen mit meiner Frau mit meinen Kindern, mit meinen Freunden waren all diese Gedanken oft auch nicht.

Also habe ich mich wieder der Bibelsstelle zugewandt in der Hoffnung, das Paulus mich nicht allein lässt mit meinen Fragen. In Vers 3 bin ich dann fündig geworden. Dort steht: Wenn ihr nun versucht Gottes Willen zu verwirklichen, dann schätzt euch nicht höher ein, als euch zukommt. Anders ausgedrückt: Bleibt bescheiden, seid nicht eingebildet, überschätzt euch nicht und maßt euch nicht etwas an, was über die Gaben hinausgeht, die Gott euch geschenkt hat. Paulus ist sich der Begrenztheit der Menschen bewusst. Nicht jeder kann alles, sondern jeder hat seine Fähigkeiten und Möglichkeiten. Jeder kann aber etwas anderes gut.

Manche können gut bei praktischen Dingen helfen. Andere Menschen sind gute Lehrer. Manche Menschen können gut andere trösten und ihnen Mut machen. Andere haben genug um etwas davon abzugeben. Manche können die Gemeinde gut leiten. Manche kümmern sich um Menschen, die in Not sind.

Nicht jeder kann alles, aber nicht jeder muss auch alles können. Auch darin steckt viel tröstliches.

Nicht jeder kann alles, aber das was er kann soll er auch einsetzen.

Von Nico Szaba stammt folgendes Gedicht:

Gleichgewicht
Es gibt da 
ein seltsames Gleichgewicht
im Universum.
Zu allem
gibt es 
ein Gegenteil.
Und:
Tun wir Gutes, kehrt es zu uns zurück.
Nicht immer sofort und manchmal nicht direkt.
Tun wir Schlechtes...
Überlassen wir doch den Anderen ihre Entscheidung
und sorgen wir selbst dafür, dass uns
soviel Gutes
als möglich
widerfährt...
 

Nicht jeder kann alles, aber das was ich kann soll ich auch einsetzen.  Und ich bin damit nicht allein. Ich mache mich da mit anderen Menschen auf den Weg hin zu einer besseren Welt. Nicht ich schaffe das, sondern wir als Gemeinde schaffen das. Wir haben schließlich einen barmherzigen und menschenfreundlichen Gott, der uns in allem trägt und mit uns geht in dieses Jahr mit allem, was da kommt! Lassen wir uns von ihm doch neu den Rücken stärken für den Alltag und für alles, was in der Welt passiert.

Gott schenke uns Zuversicht und er schenke uns Mut zum Handeln.

Amen.

 

Gebet

Gott, du bist die Quelle des Lebens.

Du schenkst uns Hoffnung und Trost in schweren Zeiten. Dankbar erinnern wir uns an deinen Sohn Jesus Christus, der viele Menschen in deinem Namen heilte und ihnen Gesundheit schenkte. Angesichts der weltweiten Verbreitung von Krankheit und Not bitten wir dich:

Lass nicht zu, dass Unsicherheit und Angst uns lähmen. Sei uns nahe in der Kraft des Heiligen Geistes. Lass uns besonnen und verantwortungsvoll handeln und unseren Alltag gestalten. Schenke uns Gelassenheit und die Bereitschaft, einander zu helfen und beizustehen. Lass uns erfinderisch sein in der Sorge füreinander und schenke uns den Mut zu Solidarität und Achtsamkeit.

Sei mit allen, die politische Verantwortung tragen. Gib ihnen die Kraft zum Wohle der Menschen zu handeln. In uns aber lass die Überzeugung wachsen, dass sie dies auch tun.

Sei mit allen, die gefährdete und kranke Menschen begleiten und sie medizinisch versorgen. Sei bei denen die um einen geliebten Menschen trauern.

Gott wir danken dir für all die schönen Erlebnisse und Ereignisse, die es auch in diesen Zeiten gibt. Für die Geburt eines Kindes, für den unerwarteten Anruf eines Freundes, für Worte der Hoffnung und der  Zuversicht. Sei es gesprochen durch die Maske und im Abstand beim Einkaufen im Supermarkt oder gelesen in einem Brief oder einer E-Mail.