Videogottesdienst
Predigt:
Diakon Günter Neidhardt
"Kinder des Lichts"
Liebe Gemeinde,
der Predigttext für den heutigen Sonntag steht im Epheserbrief, Kapitel 5, 1-9. Dieser Text ist nicht ganz ohne. Sehr viele Imperative, also sollst, du sollst du sollst… Hören wir ihn uns an / muten wir ihn uns zu. (neuere Übersetzung)
Seid also solche, die Gott als geliebte Kinder nachahmen, und lebt in Liebe, wie auch der Christus uns geliebt hat und sich selbst für uns gegeben hat als Gabe und Opfer für Gott zum angenehmen Opferduft. Sexuelle Verletzung aber und jede Unreinheit oder Geldgier soll bei euch keinen Namen haben, so wie es Heiligen entspricht, noch üble Nachrede, leichtfertige Worte oder Stichelei. Das alles gehört sich nicht, sondern vielmehr Dankbarkeit. Denn dies sollt ihr wissen, dass keine Person, die sexuell verletzend, unrein oder geldgierig – das bedeutet Götzendienst – ist, ein Erbteil im Reich des Gesalbten und Gottes hat. Niemand betrüge euch mit leeren Worten. Denn deswegen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams. Also macht euch nicht mit ihnen gemein. Einst nämlich wart ihr Finsternis, jetzt aber seid ihr Licht bei dem, der über uns Herr ist. Lebt als Kinder des Lichts. Denn die Frucht des Lichts besteht in lauter Güte, Gerechtigkeit und Wahrheit.
Liebe Gemeinde,
stellen Sie sich vor, Kinder spielen: „Komm, wir spielen Vater, Mutter, Kind. Oder Feuerwehrmann -frau. Ich bin die Mutter… Und ich will mit dem Kaufmannsladen spielen… Ich bin lieber ein Flugzeug.“ Wenn Kinder spielen, schlüpfen sie in andere Rollen. Es macht Spaß, wie ein Flugzeug durch die Luft zu düsen, es ist toll, einmal die Mutter zu sein, die bestimmt oder der Hund, der laut und wild ist und gekrault wird.
Kinder sind Meister der Nachahmung. So lernen sie auch. Und sie ahmen nicht nur das nach, was sie täglich erleben, das Leben in der Familie oder beim Einkaufen, in der Kita, der Schule, sondern sie werden auch wirklich zu Tieren oder lassen Dinge wie Flugzeuge lebendig werden und düsen durch die Wohnung.
Um Nachahmung geht es tatsächlich auch in unserem Predigttext. In dem Brief an die Gemeinde in Ephesus steht der erstaunliche Aufruf, ganz am Anfang: „Seid also solche, die Gott als geliebte Kinder nachahmen.“ Kurz gesagt: „Ahmt Gott nach!“ Gott nachahmen – das ist ein ehr fremder Gedanke, eine ungewöhnliche Idee. Ist es nicht ganz und gar unmöglich, Gott nachzuahmen? Es kommt doch gefährlich in die Nähe der Selbstüberschätzung, sein zu wollen wie Gott. Ist das nicht anmaßend, das zu wollen? Ich habe da meine Vorbehalte. Wie ist dieses „Ahmt Gott nach“ gemeint?
Lässt sich die Nachahmung Gottes lernen? Können uns die folgenden Sätze im Brief an die Epheser einen Hinweis geben, wie dieser Aufruf zu verstehen ist? Es folgt eine Aufzählung von Dingen, die sich – so der Epheserbrief – nicht gehören. Ich habe euch gewarnt! Sexuelle Verletzung, Unreinheit, Geldgier, üble Nachrede, leichtfertige Worte, Götzendienst, leere Worte, sinnloses Gerede. Das ließe sich fortsetzen, das Ungehörige
Und dann folgt ein Verweis auf den Zorn Gottes der über die Kinder des Ungehorsams kommt. Das ist mehr als der erhobene, moralische Zeigefinger. Es ist wohl wahr, dass sich das alles nicht gehört, aber für mich schwingt in dieser Aufzählung ein Unterton, ein Vorwurf mit. All das, was es nicht geben soll, was sich nicht gehört, gibt es anscheinend, - noch oder dennoch. Es schwingt diese Unterstellung mit. Es sind schwere, lastende Worte, die nach Gefahr klingen.
In dieser Tonlage klingt die Aufforderung: „Ahmt Gott nach!“ nach Kampf, nach Anstrengung, nach sich zu Wehr setzen. Und ich empfinde einen großen Druck, diesen Kampf aufzunehmen. Wir müssen uns doch eingestehen, dass wir diesen Kampf, dieses streben nach Gottgleicheit nicht gewinnen können.
Doch es schwingen zum Glück noch andere Töne in diesen Versen mit. Der einerseits so schwere zu verstehende Epheserbrief, spricht andererseits von der Liebe Gottes, von Gottes geliebten Kindern und den Kindern des Lichts. Hier wird er sanft und weich, zugewandt. Gar nichts mehr von Zorn und „du sollst, du musst“
Hier könnte ich einen Schlüssel finden, um die Nachahmung Gottes besser zu verstehen. Die Kinder Gottes, die Kinder des Lichts lassen mich noch einmal auf die spielenden Kinder sehen, die Meister der Nachahmung. Die Kunst der Nachahmung und die Lust daran lerne ich (ich gestehe) weniger im Brief an die Epheser, sondern bei ganz normalen Kindern. Den Kindern im Kindergarten nebenan, bei meinen eigenen Enkeln.
Von den Kindern lerne ich, dass Nachahmung Spaß macht. Es ist lustig, in eine andere Rolle zu schlüpfen. Kinder machen das selbstverständlich und unbeschwert. Und gleichzeitig ist die Nachahmung der Kinder sehr ernst, denn durch das Spiel lernen die Kinder zu leben. Im Spiel probieren sie Rollen aus, üben, lernen sich zu verhalten, zu antworten. Sie lernen, eine Vielfalt von Möglichkeiten zu entdecken. Kinder entdecken sich selbst, indem sie andere oder anderes nachahmen. Jedes Kind muss spielen, um erwachsen zu werden. Im Kaufmannsladen übt es, irgendwann kann es alleine einkaufen gehen.
Als Kinder des Lichts, als Gottes Kinder werden wir ermutigt, das neue Leben in / mit Christus zu erlernen und zu leben. Wir dürfen das Leben neu einüben, uns verändern, die Vielfalt der Möglichkeiten erkunden. Spannend! Das heißt auch, wir haben die Freiheit, in neue Rollen zu schlüpfen und uns auszuprobieren. Welche Rollen können das sein?
Im Predigttext stehen so große Worte wie Güte, Wahrheit, Gerechtigkeit, Dankbarkeit. Kinder können nicht nur Lebewesen spielen, sondern auch Dinge. Ich bin ein Flugzeug. Ich bin eine Sonnenblume. Alles kein Problem. Warum sollte es also nicht auch möglich sein, sich einmal die Rolle der Dankbarkeit oder der Güte überzustreifen? Erst nur mal so. Zur Übung. Und es könnte nicht sein, dass Ihnen diese Rolle gefällt? Gütig sein, dankbar sein und Sie sich dann einige Verhaltensmuster der Güte, der Dankbarkeit, der Liebe, der Hoffnung, des Vertrauens aneignen und dabei fürs Leben lernen.
Wir lerne durch nachahmen. Wir lernen fürs Leben als Kind des Lichts. Und wie Kinderspiele ihre Regeln haben, so gibt es hier auch Regeln. Das, was sich laut Epheserbrief nicht gehört: Sexuelle Verletzung, Geldgier, üble Nachrede usw. – das gehört nicht dazu. Das sind keine Rollen der Kinder des Lichts. Gott ist Güte und Wahrheit, Gerechtigkeit und Dankbarkeit. Wie Gott sein, das werden wir sicher nie und das wäre auch Einbildung, Überschätzung. Wenn wir das nachahmen: Güte und Wahrheit und Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit und Dankbarkeit und Liebe…. lernen wir Gott nach zu ahmen, sind wir auf dem Weg der Kinder des Lichtes.
Amen