Predigt:
Diakon Günter Neidhardt
"Dieses Haus fällt nicht ein,
denn es ist auf Fels gegründet"
Liebe Gemeinde,
das sind schon manchmal merkwürdige Zufälle. Die biblischen Texte, Grundlage für die jeweiligen Sonntagpredigten sind seit Jahren festgelegt, ohne jedweden aktuellen Bezug. Und dann passiert es doch immer wieder, und der Text ist ganz aktuell. Zufall?
Hört was für heute als Predigttext aufgegeben ist (Matthäus 7, 24-27):
Darum, wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, fiel es doch nicht ein; denn es war auf Fels gegründet. Und wer diese meine Rede hört und tut sie nicht, der gleicht einem törichten Mann, der sein Haus auf Sand baute. Als nun ein Platzregen fiel und die Wasser kamen und die Winde wehten und stießen an das Haus, da fiel es ein und sein Fall war groß.
Herr, segne unser Reden und Hören durch deinen Heiligen Geist. Amen.
Liebe Gemeinde!
Nein, so eins zu eins können und dürfen wir dieses Worte Jesu nicht so einfach auf die Opfer der Flutkatastrophen der vergangenen Wochen in Nordrhein-Westfalen, in Rheinland-Pfalz, im Berchtesgadener Land übertragen. Hättet ihr halt…
Lasst mich erzählen.
Da stand er nun schon seit über einer Stunde. Fassungslos starrten seine Augen ins Leere. Alles hin! – „Hätte ich doch nur... Damals vor 30 Jahren... Hätte ich doch nur auf meinen Freund gehört.“
Sein Freund hatte weiter oben am Hang ein bescheidenes Häuschen gebaut. „Komm bau doch neben mir! Unten im Wadi ist es nicht sicher, wenn doch mal wieder ein Gewitterguss losbrechen sollte, wird alles fortgerissen. Aber hier oben am Hang auf dem Felsplateau, wenn du neben mir baust, da kann nichts passieren.“
Aber der billige Baugrund, die angenehme Lage am Bach, windgeschützt, unten im Tal war dann doch verlockender gewesen und durch das eingesparte Geld war es ein prächtiges Haus geworden.
Immer wieder, wenn er Gäste bei sich hatte, ein Sommerfest feierten, hatte er – fast ein bisschen verächtlich – nach oben gezeigt und gesagt: „Schaut, da hätte ich auch beinahe gebaut. Was bin ich froh, dass ich mich doch noch anders entschieden habe.“ Mitten im Grünen.
Nur einmal hatte ein Gast bedenklich die Stirn gerunzelt und gesagt: „Mein Urururgroßvater hatte hier unten auch einst eine prächtige Villa. Bis zu jenem Wolkenbruch im Jahr 75 vor Christus. Binnen einer Stunde war alles fortgespült.“
Diese Äußerung hatte unser Mann schnell wieder verdrängt und vergessen. Jetzt, da sein Haus ebenfalls von den Fluten fortgerissen war, fiel es ihm wieder ein.
… und sein Fall war groß. Mit diesen Worten beendet Jesus sein Gleichnis vom Hausbau. Jener Mann unten im Bachtal ist eine tragische Gestalt. Jesus erzählt uns von ihm, um uns vor einer Tragödie zu bewahren. Und jetzt geht es nicht mehr um Baugrund und Hochwasserschutz.
Jeden betrifft dieses Gleichnis. Denn unser aller Leben ist mit einem Haus zu vergleichen. Stein um Stein wird aufeinandergesetzt. Verschiedene Räume sind darin – Lebensbereiche, um es einmal ohne Bild auszudrücken. Lebensräume und Lebensbereiche, in denen wir unser Leben gestalten und Entscheidungen treffen: Beruf, Erziehung, Ehe, Familie, Hobbies, Beziehungen, Begabungen und Fähigkeiten, Karriere, Zukunftsplanung. Jeder von uns hat so ein Lebenshaus gebaut oder baut noch daran.
Aber wo steht es? Worauf baut es auf, worauf gründet es? Wovon wird es getragen? Hat es Bestand? Auch wenn es, im übertragenen Sinn, stürmisch wird, das Unglück hereinbricht, die Katastrophe Tatsache ist?
Für Vieles sorgen wir Menschen vor, wenn wir unser Lebenshaus bauen. In Kranken- und Rentenversicherung wird einbezahlt, Zusatzversicherungen werden abgeschlossen.
All das ist ja nicht unbedingt schlecht. Aber es doch auch klar: Eine Krankenversicherung verhindert keine Krankheit, eine Lebensversicherung verlängert kein Leben, eine Berufsunfähigkeitsversicherung schützt nicht vor Berufsunfähigkeit und eine Elementarschadenversicherung verhindert keine Naturkatastrohen. Ok, sie mildern Folgeschäden und das ist ja schon mal was. Sicherheit im Sinne von, da passiert mir schon nichts, kann keine Versicherung anbieten.
Ja, das Lebenshaus ist geplant, gebaut und dann vergehen die Jahre und es zeigt sich, dass das Lebenshaus Risse bekommt. Da kriselt es in der Ehe, da sind plötzliche finanzielle Sorgen, die Leere, wenn die Kinder aus dem Haus sind. Man versucht, sie zu reparieren und eine Zeitlang geht das auch. Man färbt die Haare, nimmt Tabletten, beginnt ein Fitnessprogramm. Aber eines Tages kommt die große Sturzflut; sie kommt manchmal ganz plötzlich, oft aber mit langen vorher erkennbaren Zeichen.
Und schließlich beginnt der Tod, das Lebenshaus zu schütteln. Wir möchten uns damit ja nicht so gerne befassen. Aber das Ende kommt, unausweichlich. Was nicht Ewigkeitswert hat, wird fortgerissen. Was bleibt, was hat dann noch Bestand vor Gott?
Jesus erzählt diese Geschichte vom Hausbau, von der Grundlage unseres Lebenshauses, um zu warnen, damit es nicht zur Katastrophe kommt. Eine Art Frühwarnsystem wie es gerade wieder diskutiert wird. Warn-Apps, Sirenen, Radiodurchsagen. So verstehe ich Jesu Wort, am Ende der Bergpredigt. Es ist ein hartes Wort, deutlich , aber kein liebloses Wort. Im Gegenteil, wer seine Kinder liebt, der warnt sie vor den Gefahren des Lebens. Warnungen und Mahnungen werden nicht unbedingt immer gern gehört. Mir wird schon nichts passieren. Aber das ernst nehmen dieser Warnungen, können lebenswichtig und lebensrettend sein.
Und so erzählt Jesus auch von dem anderen Mann, der auf einem Felsplateau gebaut hatte.
Beide Männer hatten gehört, wo es sich gut bauen lässt: Oben am Hang auf dem Felsplateau. Da wäre ein Haus sicher. Gehört hatten sie beide, aber nur einer hatte oben gebaut.
Jesus hatte, bevor er diese Geschichte erzählt, eine lange Predigt gehalten: Die Bergpredigt, ich habe das schon erwähnt. Viele hatten zugehört. So, wie viele auch von uns schon viel von Jesus gehört haben. Aber was wurde aus dem Hören? Blieb es dabei?
Lasst mich noch mal ein aktuelles Bild gebrauchen. Wenn wir heute, bzw. diese Tage olympische Wettkämpfe verfolgen (das kann man auch kritisch sehen) wenn wir uns mitfreuen oder mitleiden, werden wir doch, ehrlicherweise anerkennen: Ob Goldmedaille oder Blech, das Leben geht weiter. Sportliche Erfolge sind toll und ich freue mich mit den SportlerInnen, erkenne die Leistung an und das lange lange Training. Und dann ist es doch so: Ich vergesse das wieder. Sportergebnisse haben keine grundlegende Bedeutung für mein Leben. Wenn uns heute Abend im Fernsehen die freundliche Dame vom Wetterbericht sonnige Tage verkündet, wird dadurch die Woche nicht grundlegend anders.
Wenn aber Jesus zu mir spricht, dann ist das schon etwas anderes. Da geht es um Grundlagen, den Felsengrund. Da ist es fatal, wenn ich nur sage: Schön! Oder: Interessant! Oder: Toll!
Es ist die Frage, ob ich mich darauf einlasse, darauf verlasse, darauf niederlasse, darauf baue, wie Jesus es im Gleichnis sagt: Wer diese meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem klugen Mann, der sein Haus auf Felsen baut.
Himmel und Erde werden vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen, sagt Jesus an anderer Stelle. Was er sagt, das trägt, das trägt mich bis hinüber in die Ewigkeit.
Bei Beerdigungen hören wir immer wieder das Wort Jesu: Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, der wird leben, auch wenn er stirbt.
Und mit diesem Wort sind wir immer auch persönlich gefragt: Wie hältst du es mit dem, was Jesus dir da mitteilt?
Natürlich kann ich sagen, wie jener Mann: „Das ist mir zu eng, ich lebe doch im hier und jetzt. Auf diese spezielle Plattform, Grundlage, dem Wort Gottes, baue ich nicht. Nicht mein Haus und nicht mein Leben. Wieso sollte Jesus allein den entscheidenden Halt geben? Andere Religionen doch auch viel zu sagen. Und ist jeder selbst seines Glückes Schmied? Ja, schon, vielleicht. Klar, die Freiheit hat jeder von uns. Die Frage nach dem Baugrund, letztlich nach dem Fundament meines Lenes, meines Daseins, ist unsere Entscheidung.
Am Ende hat er, Christus am Ostermorgen das letzte Wort gesprochen, wo der Tod scheinbar schon alles gesagt hatte. Die Worte Jesu sind wie ein Fels. Ein Fels, der trägt bis in Ewigkeit.
Schließlich erzählt Jesus uns diese Geschichte, damit wir unser Leben von ihm bestimmen lassen.
Wir haben gehört: Jesu Fundament trägt. Jesus mit seinen Worten ist der Fels, der uns trägt. Ein Fundament bestimmt auch den Rahmen, die Ausdehnung eines Bauwerks. Sich von Jesus tragen lassen heißt, sich auch von Jesus bestimmen lassen.
Jesus vertrauen bedeutet, auf seine Worte zu bauen. Seine Worte sind felsenfest verlässlich. Sie gelten auch dann noch, wenn diese Erde, die uns trägt, längst vergangen ist.
Jesus vertrauen, das bedeutet: Sein Wort ist mein Fundament. Es steckt den Rahmen, bestimmt aber auch die Grenzen für mein Handeln. Wer meine Rede hört und tut sie, der gleicht einem Mann, der sein Haus auf Fels baute…
Dieses Haus fällt nicht ein, denn es ist auf Fels gegründet. Amen.