Sonntag Septuagesimae in St. Johannis am 24. Januar 2016

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St. Johannis

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Vom Erlangen des
Siegeskranzes"

Gnade  sei mit euch und Friede, von unserem Gott, der die Vergangenheit ist, die Gegenwart prägt und die Zukunft gestaltet.

Liebe Schwestern., liebe Brüder,

unser heutiger Predigttext stammt, wie ja schon an den letzten (und kommenden Sonntagen) aus den Briefen des Apostel Paulus. Heute aus seinem  1. Brief an die Gemeinde im Korinth, 9, 24-27

Ich lese den Text, der besseren Verständlichkeit Willen,  in der Übersetzung der Guten Nachricht:

Ihr wisst doch, dass an einem Wettlauf viele teilnehmen; aber nur einer bekommt den Preis, den Siegeskranz. Darum lauft so, dass ihr den Kranz gewinnt!

Alle, die an einem Wettkampf teilnehmen wollen, nehmen harte Einschränkungen auf sich. Sie tun es für einen Siegeskranz, der vergeht. Aber auf uns wartet ein Siegeskranz, der unvergänglich ist.

Darum laufe ich wie einer, der das Ziel erreichen will. Darum kämpfe ich wie ein Faustkämpfer, der nicht danebenschlägt.

Ich treffe mit meinen Schlägen den eigenen Körper, sodass ich ihn ganz in die Gewalt bekomme. Ich will nicht anderen predigen und selbst versagen.

Wir bitten in der Stille um Gottes Segen für sein Wort.

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Gott segne unser reden und hören.

Liebe Gemeinde,

heute muss ich mich mal outen: Ich bin ein Biathlonfan. Das mag damit zusammenhängen, dass ich doch einige Jahre in Ruhpolding gelebt und gearbeitet habe, also der deutschen Biathlonhochburg (neben Oberhof) und sozusagen nah dran war, an dieser faszinierten Sportart.

Ja, das fasziniert mich: Zuerst in der Langlaufspur in höchster Geschwindigkeit, zum Teil extrem Steil ein paar Kilometer laufen (und die laufen wirklich schnell, das sieht man im Fernseher gar nicht so genau) und dann, aus dieser körperlichen Höchstanstrengung wieder die Ruhe zu finden um ein Ziel von 4,5 cm bzw. 11 cm  Durchmesser, in 50 Meter Entfernung, mit dem Gewehr zu treffen.

Und wie für jeden Sportler, besonders dann, wenn er vorne dabei sein möchte, können Topleistungen nur durch Training, Training, Training erreicht werden.

Und das täglich, von Jugend, ja von Kindheit an. Ausdauer, Konzentration, Technik. Ernährung, Tagesablauf. Familie, Partnerschaft, alles ordnet sich dem Ziel unter, den „Siegeskranz“ zu erlangen. Den Weltcupsieg, die olympische Medaille. Was für ein unbedingter Wille, was für eine starke Motivation ist da notwendig. Besonders auch im Wissen, dass es ja wirklich nur ganz wenige nach ganz oben schaffen, vielleicht von ihrem Sport leben können.

Um so einen Sportler und das gilt natürlich nicht nur für Biathleten, ist ein ganzes Team  aktiv: Köche und Ernährungsberater, Physiotherapeuten und Mentaltrainer, Techniker, Quartiermacher, Reiseorganisatoren, Ausrüster und natürlich ein ganzer Trainerstab.

Wie gesagt alle fokussiert auf das eine Ziel: Die Medaille, der Platz auf dem Siegerpodest, der Siegerkranz. Alles geben, nichts dem Zufall überlassen, um zu gewinnen. Topmotiviert!

Das ist heut so und das war vor 2000 Jahren auch nicht anders. Paulus hat zu verabschieden, Paulus hat das Bild vom sportlichen Wettkampf in seinem Schreiben an die Christen in Korinth gewählt um sein Anliegen, seine Botschaft zu illustrieren:

„Gebt alles“, hängt euch rein, haut euch rein, um den Sieg zu erringen.

Natürlich stehen wir Christen nicht im Wettkampf untereinander wer etwa unter uns denn und der Frommste sei und den Wettlauf ins Himmelreich gewönne.

Alle Vergleiche haben ja  auch  Grenzen und wir sollten  das Wettkampfbild auch gar nicht überstrapazieren. Im sportlichen Wettkampf mag es nur einen Sieger geben, im Glauben ist das anders. Vielleicht ehr vergleichbar mit dem Staffelwettkampf, wenn ein Team (die Gemeinde)  gemeinsam um das Ziel kämpft, miteinander und füreinander.

Und um es klar zu kriegen: Wenn Paulus vom Siegeskranz spricht, der zu erlangen ist, dann spricht er vom Glauben.

Und um ein weiteres Missverständnis zu vermeiden: Es geht natürlich nicht darum, den Siegpreis, das ewige Leben, aus eigener Kraft zu erlangen, das ist und bleibt der Gnade Gottes angelegen.

Und so geht es Paulus, auch wenn er das Bild vom Wettkampf wählt, weder um Konkurrenz noch um den Leistungsgedanken. Mit dem Beispiel vom Sport,  beschreibt treffend, dass unser Glaube Auswirkung auf unsere gesamte Lebensführung hat. Schon zu seiner Zeit galt für den Leistungssport: Wer beim Training halbherzig ist, wer seinen Körper mit einer falschen Ernährung schwächt, wer sorglos nach Lust und Laune in den Tag lebt, wer nicht sein ganzes Leben dem einem Ziel unterordnet, der wird im Wettkampf keine Spitzenleistung bringen können. Wer das sportliche Ziel erreichen will, muss das ganze Leben danach ausrichten. Und wer zu Gott gehören will, so sagt er, der muss ebenfalls sein ganze Leben danach ausrichten.

Das galt ja für Paulus selbst auch. Nachdem er seine Bekehrung damals, sein Damaskuserlebnis, seinen Aha-Effekt  hatte, erkannte, dass Christus der Messias, der Heiland ist,  gab es für ihn ja auch  nur noch das eine Ziel:  Diese Botschaft zu verbreiten und diesem Ziel hat dann alles, wirklich alles, untergeordnet.

Und für uns, was bedeutet das den für uns, sein ganzes Leben dem einem Ziel, dem Glauben unterzuordnen. Was heißt das im täglichen Leben. Was muss trainiert werden? Ausdauer, Kraft, Konzentration, Motivation, Technik, oder sollten wir öfters mal ins christliche Trainingslager?

Bestimmt könnten wir jetzt Konkretionen finden: Die Kraft die aus dem Gebet kommt, die Konzentration aus der Meditation, die Motivation für unser Handeln die wir aus der Bibel beziehen, Verkündigungstechnik, Gebetsseminare…….

Ihr Lieben, das stimmt alles, das ist alles richtig, geht mir aber zu schnell. Lasst uns noch einmal auf die Grundlage unseres Handelns schauen. Das worauf wir stehen, von wo aus wir handeln. Was uns antreibt, motiviert. Die Richtung kann uns die sogenannte „Goldene Regel“ aus der Bergpredigt weisen: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst.

Was wir Christen dabei erst mal nicht brauchen, ist ein Christsein, ist eine Gemeinschaft, die diese Fragen nach dem christlichen Alltagsleben detailliert beantwortet. Sprich einen genauen Trainingsplan, Tagesablauf, Ernährungstabelle, usw. samt Leistungskontrolle vorgibt.

Nein so einfach funktioniert unser Glaube und unser Leben nicht: Einfach Vorgaben erfüllen. Mit der Freiheit eines Christenmenschen gilt es, selbst Antworten zu finden. Es heißt, ernst zu nehmen, was Jesus durch sein Leben sagt und zeigt, und herauszufinden, was das in der Gegenwart, in der jeweiligen persönlichen Situation bedeutet.

Es geht darum, sich zu besinnen, nachzudenken – über sich, über andere; über Gott. Gott, meine Nächsten, mich selbst. – Das nennt Jesus das höchste Gebot.

Wir lieben, indem wir uns zuwenden.

Gott wenden wir uns im Gebet zu, in der Musik, in einer Meditation, im Bibelstudium oder auf andere Art.

Unseren Nächsten wenden wir uns zu, indem wir zuhören, für Gerechtigkeit sorgen, ihnen eine Freude machen, für sie da sind.

Uns selbst können wir uns auch zuwenden, indem wir auf unsere Bedürfnisse achten, uns Ruhe gönnen oder unsere Grenzen erweitern, je nachdem.

Um im sportlichen Bild zu bleiben: Darin besteht das tägliche Training und die Ausrichtung des persönlichen Lebensstils – uns besinnen, für andere da sein, Gott einbeziehen in unser Tun und Denken.

Das bedeutet auch Auseinandersetzung innerhalb der Gemeinschaft, so wie das in Korinth auch war, ein gemeinsames Ringen um den richtigen Weg.

Fragen die wir uns auch heute stellen müssen, und ringen um Antworten, auch angesichts der Heraufforderungen vor denen wir als ganze Gemeinde und als ganzes Land stehen. (immer rückgebunden an die goldene Regel)

Paulus sagt uns: Wenn ihr zu Gott gehören wollt, geht das nicht halbherzig. Man kann vielleicht „ein bisschen“ Leistungssport treiben. Ebenso wenig wie man nicht „ein bisschen Schwanger sein kann aber, können wir nicht nur „ein bisschen“ zu Gott gehören. Wer im Wettkampf eine Chance auf den Sieg haben will, der arbeitet an jedem Tag darauf hin. Wer Gottes Herrlichkeit sehen will, lebt jeden Tag ernsthaft als Christin, als Christ.

Wenn wir als Christinnen und Christen leben, dann tun wir das an jedem Tag. Ich bin überzeugt, das hat gesellschaftliche Auswirkungen.

Wir kommen doch immer wieder  in Situationen, in denen unser Tun und Reden zeigt, ob wir unseren Glauben ernst nehmen.

„Tu deinen Mund auf für die Stummen und für die Sache aller, die verlassen sind.”, so heißt es in der Bibel.

Oder denken  wir an die Geschichte vom barmherzigen Samariter: Der Priester und der Levit lassen den verletzten Menschen im Stich; der Samariter jedoch handelt so, wie es der Nächstenliebe entspricht. Wie handeln wir im entscheidenden Augenblick? Erkennen wir, wann wir gefordert sind?

Paulus sagt: Gebt jederzeit alles, wie ein Sportler im entscheidenden Lauf.  Unser Glauben fordert auch, das Leben danach auszurichten und fit zu sein.

Und noch etwas, da kommt das Bild vom Wettkampf an seine Grenzen. Bei Gott kommt nicht nur eine/r aufs Treppchen, nach ganz oben. Gott ist immer an unserer Seite. Auch wenn wir nicht (mehr) so leistungsfähig sind. Nicht vorne mitmischen. Und so gilt der alte Spruch vom ehemaligen Fußballbundestrainer  Sepp Herberger auch für uns: »Nach dem Spiel ist vor dem Spiel.«

Für uns Christen heißt das, auch nach jedem schwächeln, jedem scheitern ist Vergebung und Neuanfang möglich. Wir können jederzeit auf Neue, bewusst unser Leben danach ausrichten, Gottes Botschaft zu folgen, mit allem was wir haben.

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen in Jesus Christus. AMEN

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