Letzter Sonntag nach Epiphanias am 17. Januar 2016

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St. Johannis

Predigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Fest der Verklärung
Jesu"

Gnade sei mit euch, und Friede von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus. Amen. 
Jeder Mensch braucht Anerkennung, liebe Gemeinde. Wenn man sich engagiert und etwas erreicht hat, will man gelobt werden. Anerkennung macht zufrieden und motiviert uns. In vielen Vereinen finden jetzt die Jahreshauptversammlungen statt. Dort werden Mitglieder geehrt und Urkunden verteilt. Auch unsere Kirchengemeinde lädt am nächsten Sonntag ihre neben- und hauptamtlichen Mitarbeiter zu einer Feier ein, um sich für alles Engagement zu bedanken. Anerkennung ist wichtig. Wer nie Lob bekommt, dem machen auch seine täglichen Aufgaben bald keinen Spaß mehr.

Auch für Paulus ist das Nichts Neues. Besonders wenn er an die Gemeinde in Korinth denkt. Wieviel hat er nicht für die Gemeinde getan. Eineinhalb Jahre wohnte er dort und hat die Gemeinde aufgebaut. Unermüdlich setzt er sich für die Sache Gottes ein, aber die Gemeinde in Korinth dankt es ihm nicht. Es stimmt schon: Die Korinther sind bessere Redner gewohnt, Paulus hat kein großes Redetalent. Sein Auftreten ist eher schwächlich. Und krank ist er auch noch. Paulus ist also nicht der Traumapostel der Korinther. Und das bekommt er von ihnen deutlich zu spüren. Manche sprechen ihm sogar ab, ein wirklicher Mann Gottes zu sein. Denn Gott verbinden sie mit Herrlichkeit, Kraft und Stärke. Aber Paulus stellt eher das Gegenteil dar. Wie kann er sich gegen diese Kritik aus Korinth verteidigen? –

Ganz einfach – nämlich nach dem Motto: „Sein ist mehr als Schein“. Mag Paulus ein noch so schlechter Redner sein, seine Worte sind trotz allem von Gott. Paulus sagt das mit einem Vergleich: Es ist wie bei einem Schatz in irdenen Gefäßen. Irdene Gefäße, also Gefäße aus Ton, waren damals etwas alltägliches und nicht besonders wertvoll. Gerade deswegen hat man aber früher seine Schätze oft in Tontöpfen versteckt, weil da ja keiner sucht. Auch manche von uns haben ihren Notgroschen zu Hause in einem ganz alltäglichen Gefäß. Sein ist mehr als Schein. Wie bei einem Schatz in irdenen Gefäßen. Dieses Bild verwendet Paulus in seinem 2.Brief an die Gemeinde in Korinth, mit dem er sich aus der Ferne gegenüber den Korinthern verteidigt. Ich lese den für heute vorgegebenen Predigttext aus dem 4. Kapitel, die Verse V6-10. Paulus schreibt:

Denn Gott, der sprach: 
Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten,
der hat einen hellen Schein in unsre Herzen gegeben,
dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes
in dem Angesicht Jesu Christi.
Wir haben aber diesen Schatz in irdenen Gefäßen, damit die überschwängliche Kraft von Gott sei und nicht von uns. Wir sind von allen Seiten bedrängt, aber wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Wir werden unterdrückt, aber wir kommen nicht um. Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserm Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserm Leibe offenbar werde. 

1. In unserem Bibelabschnitt aus dem 2.Korintherbrief geht es nicht nur um die Frage, ob der Apostel trotz seiner Schwachheit von Gott kommt. Wenn man Paulus auf Grund seiner Schwachheit abspricht, ein Mann Gottes zu sein, dann muss man sich auch fragen, wo Gott überhaupt zu finden ist, schließlich gleicht unsere Welt der Schwachheit des Paulus: Wo man auch hinschaut ist von Gott auf den ersten Blick nicht viel zu sehen. In unserer Welt herrscht mehr Finsternis als Licht, meint man manchmal. Auf allen Kontinenten toben Kriege und finden Terroranschläge statt. Flüchtlinge machen sich unter Lebensgefahr auf den Weg in Länder, die für Freiheit, Gerechtigkeit und ein gutes Leben stehen. Sexuelle Übergriffe nicht nur in Köln, Kriminalität. Und unter uns leiden Menschen unter dem Zerbrechen von Plänen und Beziehungen, unter beruflichem und privatem Scheitern, unter schweren Krankheiten und dem Tod. Wir sehnen uns nach Licht gegen all die Finsternis.

Der 1.Vers des Predigttextes malt uns nun in wunderbaren Worten vor Augen, dass Gott ein Gott des Lichts ist und nicht der Finsternis - auch wenn wir in der Welt oft nur die Finsternis sehen. Denn: Sein ist mehr als Schein! Dieser erste Satz ist der entscheidende Satz. Paulus beginnt so: Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten.

Der Apostel bezieht sich hier auf die Schöpfungsgeschichte, wo es heißt: Gott sprach: Es werde Licht! – und es ward Licht. Gott hat vor allen Zeiten in das Chaos und die Finsternis der Welt hinein Licht gegeben. Gott ist also ein Gott des Lichts. Er will, dass es in den Finsternissen der Welt und im Leben jedes einzelnen Menschen hell wird.

2. Gott hat das durch die Propheten versprochen, und er hat dieses Versprechen gehalten. Denn so Paulus weiter: Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben.

Diesen hellen Schein haben wir an Weihnachten gefeiert. Wir haben heute noch einmal das weiße Parament am Altar, den Christbaum und die Krippe vor Augen. Diesen hellen Schein haben die Hirten auf dem Felde erlebt, und dieser helle Schein hat die gelehrten Männer aus dem Morgenland nach Bethlehem geführt. Paulus selbst hat erlebt, wie dieser helle Schein plötzlich in sein Leben einbrach. Er war unterwegs, um in Damaskus die christliche Gemeinde zu verfolgen, da hatte er eine Vision. Ihm wurde ganz hell, und er hat sich vom Verfolger Christi zu seinem größten Apostel gewandelt. Der helle Schein ist ihm Kraft zum Leben und Trost in Verfolgung. Dieser Schein hat sein Leben hell gemacht, auch wenn ihn Krankheit plagt und er kein Rednertalent hat. Aber nicht nur bei Paulus war das so mit dem Hereinbrechen des hellen Scheins. Viele Christen erleben immer wieder, dass dieser helle Schein Gottes im Leben spürbar wird. Natürlich ist es meist nicht so bombastisch, wie damals bei Paulus vor Damaskus. Aber wir haben hier und dort vielleicht auch etwas von diesem hellen Schein gemerkt. Vielleicht waren wir traurig, und Gott hat uns einen lieben Menschen geschickt, der uns getröstet hat. Vielleicht hat uns ein Gottesdienst, ein Lied oder Gebet so angeregt, dass wir dachten: Da spüre ich Gottes Nähe.

Gott hat den hellen Schein in unser Herz gegeben. Das Herz, das ist nicht nur ein Organ, das Blut durch unseren Körper pumpt. In der Antike war das Herz ein Bild für den ganzen Menschen. Das Herz galt als Zentrum des Denkens und Handelns, als Ort der Lebenskraft. Der helle Schein will uns also nicht nur oberflächlich bescheinen, sondern bis in unser Innerstes vordringen, uns ganz hell machen, so wie der Schein einer kleinen Kerze einen großen dunklen Raum bis in den letzten Winkel erleuchten kann. Wenn wir aufmerksam sind, dann werden wir Momente erleben, in denen dieser helle Schein es uns warm ums Herz werden lässt.

Gottes heller Schein ist aber nicht immer für alle sichtbar. Nicht alle Korinther haben ihn bei Paulus sehen können, denn dieser helle Schein ist nicht abhängig von Erfolg oder Gesundheit. Es ist wie mit einem Schatz in irdenen Gefäßen sagt Paulus in Vers 7. Nach außen sieht vieles schwach aus, aber innerlich hat es Kraft. So können Menschen in Krankheit, im Leiden und Scheitern mehr innere Kraft haben als manch erfolgreicher Geschäftsmann oder durchtrainierter Sportler.

Wie sich diese überschwängliche Kraft Gottes gerade in schweren Zeiten bemerkbar macht, berichtet uns Paulus. Denn er selbst hat es erlebt. Er schreibt weiter unten: Wir sind von allen Seiten bedrängt, heute etwa durch Kriege und Terroranschläge, durch Katastrophen und schlimme Unfälle, aber – so Paulus weiter - wir ängstigen uns nicht. Uns ist bange, weil wir uns um die Zukunft unserer Kinder und Enkel sorgen, uns fragen, ob sie nach der Schule einen Ausbildungsplatz bekommen werden, uns ist bange, weil wir nicht wissen, was uns selbst die Zukunft bringt, aber wir verzagen nicht. Wir leiden Verfolgung, sagt Paulus, und das trifft heute besonders auf viele Christen v.a. im Orient zu, die z.T. schweren Verfolgungen durch islamische oder hinduistische Gruppen ausgesetzt sind, wir leiden Verfolgung, aber wir werden nicht verlassen. Genau das bezeugen auch viele der gefährdeten Christen unserer Zeit. Wir werden unterdrückt, in der Schule nicht ernst genommen oder im Job gemobbt, aber wir kommen nicht um. All das, was uns Leid bringt, fasst Paulus so zusammen: Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leibe. Aber unser Leben ist trotz aller Widerwärtigkeiten von Gott getragen. Deshalb kann der Apostel sagen: Wir tragen allezeit das Sterben Jesu an unserem Leibe, damit auch das Leben Jesu an unserem Leibe offenbar werde. Wenn wir zu Jesus gehören, dann ist auch sein Leben in uns, dann ist die Kraft seiner Auferstehung mit uns.

3. Wer nun den hellen Schein der Gegenwart Gottes erfahren hat, der kann das nicht für sich behalten. Er will wie Paulus sein Erlebnis weitergeben, damit auch andere Menschen getröstet werden. Er will, dass dieser Schein auch das Leben der anderen Familienmitglieder, der Freunde und Bekannten hell macht. Deshalb fährt der Apostel fort:  Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung. - -

Durch uns sollen andere erleuchtet werden. Ich finde, das ist eine große Ehre, die Gott uns da zuteil werden lässt: Nicht nur Paulus und große Männer Gottes, nein wir alle sind, jeder von uns ist Licht der Welt. Auch unser Leben kann den hellen Schein Gottes ausstrahlen. Wir können anderen Menschen von Gott erzählen, wie er in unserem Leben spürbar wurde. Wir können unseren Kindern und Enkeln die Geschichten von Jesus erzählen, der es in den Menschen wieder hell werden lässt, der Menschen an Leib und Seele heilt. Laden wir ein zu Gott, indem wir ein einladendes Leben führen, indem wir so reden und handeln, wie es der Liebe Gottes entspricht. Stellen wir unser Licht nicht unter den Scheffel, sondern lassen wir es leuchten vor den Menschen, vor Arbeitskollegen und Familienmitgliedern, vor Nachbarn und Freunden, lassen wir unser Licht leuchten, nicht aufdringlich, sondern einladend. In Coburg haben beispielsweise bereits einige der zu uns Geflüchteten zum christlichen Glauben gefunden und sich nach einem Taufkurs taufen lassen – weil sie gemerkt haben, wie Christen das, von dem sie überzeugt sind, auch leben. Laden wir andere immer wieder zum Glauben ein, denn es heißt am Ende dieses ersten Verses: Bei anderen soll durch uns die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes entstehen.

Da ist sie wieder, die Herrlichkeit Gottes, die uns durch diesen Sonntag begleitet: im Evangelium und im Wochenspruch haben wir schon von ihr gehört. Diese zu erkennen – dazu führt uns und durch uns auch andere der helle Schein. Paulus meint nicht die Erkenntnis, dass es Gott gibt. Viele Menschen glauben ja an ein höheres Wesen. Erkenntnis Gottes, das meint, dass wir den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs als den Schöpfer und Erhalter der Welt erkennen, und dass wir erkennen, wie Gott ist, nämlich ein liebender Vater, ein verzeihender, heilender und helfender Gott.

Woher wir wissen, dass Gott wirklich so ist? Paulus sagt uns, dass wir das von Jesus wissen: In ihm offenbart sich Gott. Im Angesicht Jesu, so die letzten Worte dieses ersten Verses, erkennen wir Gott als den liebenden Vater. Denn Jesus ist Heiland, Helfer, Retter und Friedensbringer. Das ist die frohe Botschaft von Weihnachten, an die wir heute nochmal erinnert werden. Das ist die Botschaft, die unser Leben alle Tage froh macht.

Lassen sie sich von Paulus immer wieder einladen, ihr Herz für Gottes hellen Schein aufzutun, und Jesus aufzunehmen, der uns tröstet und Kraft gibt, gerade auch in schweren Stunden. Nehmen sie das Wort des Apostels als persönlichen Zuspruch mit in die kommende Zeit: Gott, der sprach: Licht soll aus der Finsternis hervorleuchten, der hat einen hellen Schein in unsere Herzen gegeben, dass durch uns entstünde die Erleuchtung zur Erkenntnis der Herrlichkeit Gottes in dem Angesicht Jesu Christi.

Amen.

Und die Liebe Gottes, welcher höher ist als alle unsere Vernunft, bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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