Gottesdienste am 19. Sonntag nach Trinitatis (Erntedankfest) - 2. Oktober 2016 in OWB und St. Johannis

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OWB, St. Johannis

Predigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Einen fröhlichen Geber
hat Gott lieb"

Predigttext: 2. Korinther 9,6-15:

Ich meine aber dies: Wer da kärglich sät, der wird auch kärglich ernten; und wer da sät im Segen, der wird auch ernten im Segen. Ein jeder, wie er's sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb. Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk; wie geschrieben steht (Psalm 112,9): »Er hat ausgestreut und den Armen gegeben; seine Gerechtigkeit bleibt in Ewigkeit.« Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit. So werdet ihr reich sein in allen Dingen, zu geben in aller Einfalt, die durch uns wirkt Danksagung an Gott. Denn der Dienst dieser Sammlung hilft nicht allein dem Mangel der Heiligen ab, sondern wirkt auch überschwänglich darin, dass viele Gott danken. Denn für diesen treuen Dienst preisen sie Gott über eurem Gehorsam im Bekenntnis zum Evangelium Christi und über der Einfalt eurer Gemeinschaft mit ihnen und allen. Und in ihrem Gebet für euch sehnen sie sich nach euch wegen der überschwänglichen Gnade Gottes bei euch. Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und die Liebe Gottes, und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit Euch allen. Amen.

Liebe Schwestern und Brüder!

1. Erntedank

Der Apostel Paulus schreibt in dem gehörten Briefabschnitt nichts über das Erntedankfest. Zwei seiner Formulierungen aber treffen genau den Kern dessen, was wir heute feiern. Einmal heißt es: „der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise“. In diese wenigen Worte fasst Paulus die Erkenntnis, dass der ganze Prozess vom Ausstreuen des Samens bis zum fertigen Brot nicht ohne Gott gedacht werden kann. Gott ist eben der, der Wachstum und Gedeihen schenkt, Sonne und Regen. Aber auch der, der die Kraft und die technischen Möglichkeiten gibt, das Feld zu bestellen und die Fähigkeiten, aus all dem, was da wächst, leckere Speisen zuzubereiten.

In unserem Garten hat meine Frau auch in diesem Jahr wieder viele verschiedene Samen ausgestreut. Nach einigem Gießen und Warten kamen die ersten grünen Spitzen, und schließlich konnten wir wieder etliches an eigenem Gemüse ernten. Wie jedes Jahr habe ich etwas aus unserem Garten mitgebracht, diesmal einen Blumenkohl.

Paulus spricht vom Samen und dem, was daraus wird, und sieht in beidem ein Geschenk Gottes. Deshalb der zweite Satz, in dem er daraus die Konsequenz zieht und Gott dankt: „Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“. Das ist Erntedank. Bei Paulus und heute!

Ist damit aber schon alles gesagt, was es in diesem Jahr zu Erntedank zu sagen gibt?

2. Die Sammlung

Paulus hat in seinem Brief ein ganz konkretes Anliegen. Deswegen spricht er überhaupt über den Zusammenhang von Säen, Ernten, Weiterverarbeiten und Danken. Sein Anliegen macht auch uns einen weiteren wichtigen Aspekt, der zum Erntedankfest gehört, deutlich. Paulus möchte in Korinth eine Kollekte sammeln.

Er sammelt Geld für Jerusalem. In dem Ort, in dem Christus gestorben und auferstanden ist, in dem Ort, aus dem das Evangelium kam und sich in alle Himmelsrichtungen ausgebreitet hatte, hat die Gemeinde mit großen Problemen zu kämpfen: Es gibt viele Arme und Kranke, und es fehlen die finanziellen Mittel, sie gut zu versorgen. Paulus sieht die Not und will helfen. Bei einem Treffen mit den Gemeindeleitern in Jerusalem, mit Petrus und Jakobus, hat er versprochen, dass er sich um die Nöte der Menschen in Jerusalem kümmern will. Deshalb sammelt er nun in allen seinen Gemeinden Geld. Diese Kollekte ist ihm eine Herzensangelegenheit.

Paulus selbst hat in Korinth schon für diese Kollekte geworben, als er das letzte mal in Korinth war. Jetzt, im Sommer des Jahres 54 nach Christus, besuchen Titus und weitere Mitarbeiter des Paulus die dortige christliche Gemeinde. Sie überbringen seine Grüße und bringen einen Brief ihres Lehrers mit. Sie haben nicht nur den Auftrag, den Brief zu überbringen, sondern auch die Kollekte fertigzustellen. Titus soll die Sammlung zum Abschluss bringen. Und dann wird er, Paulus, bald selbst nach Korinth kommen, um das Geld in Empfang zu nehmen und nach Jerusalem zu bringen.

Für Paulus ist eine Gabe für Bedürftige ein Dienst, der aus dem Gehorsam gegenüber dem Evangelium kommt, das ja zum Teilen aufruft. Es ist der Ausfluss eines treuen Glaubens.

3. Wie geben?

Paulus wirbt für diese Kollekte. Und er weiß, wie die Menschen ticken. Er ist immer wieder Menschen begegnet, für die die Trennung von ihrem Geld einen tiefen Schmerz bedeutet, die, obwohl sie genug haben, ähnlich wie Dagobert Duck im Comic freiwillig keinen Cent zu viel abgeben, und schon gar nicht für andere. Manch einer gibt eben nur sehr unwillig. Das war auch damals schon so. Diese Menschen will er ins Nachdenken bringen, wenn er über das Wie des Gebens: Ein jeder, wie er's sich im Herzen vorgenommen hat, nicht mit Unwillen oder aus Zwang; denn einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.

Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.

Jeder kann sich einmal selbst fragen: Mit welchem Gefühl werfen wir etwas in den Klingelbeutel oder die Kollektenbüchse? Werfe ich ohne groß nachzudenken ein paar Münzen ein, weil es sich eben so gehört? Ist das eine gute Möglichkeit, mein Kleingeld loszuwerden? Gebe ich gerne, weil mir der Zweck der Kollekte ein wichtiges Anliegen ist?

Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb.

Übers Geld redet man in der Kirche ja nicht so gern: zum einen, weile s in der Kirche um etwas anderes geht als ums Finanzielle, zum anderen, weil es oft das Vorurteil gibt: „Die Kirche will nur Geld“. Dieses Vorurteil unterstützen ab und an die Medien, wenn sie vorrechnen, wie reich die Kirche sei, wobei sie da meistens Immobilien und Kunstgegenstände einrechnen, die aber kaum ein geldwertes Vermögen sind, sondern im Gegenteil viel an Unterhalt, Renovierung und Restaurierung kosten.

Bei Besuchen sage ich deshalb oft, wenn mir gleich zu Beginn des Gesprächs ein Umschlag zugesteckt wird: „Ich komme, um mich mit ihnen zu unterhalten und für sie zu beten, und nicht wegen des Geldes.

Nach meinem letzten Taufgottesdienst erhielt ich eine mail von einem Kirchenkritiker. Er schrieb: „Für mich als bekennender Atheist war es sehr interessant mit welchen Worten die Kirche die neuen Mitglieder an die Kasse holt.“.  Allein diese mail zeigt, dass er wenig von der Taufe verstanden hat, wenn er sie als Initiationsritus für einen Kirchensteuerzahler sieht. Eine Taufe ist etwas ganz anderes und viel mehr. Bei ihr geht es am allerwenigsten ums Geld, sondern um die Zugehörigkeit zur großen Gemeinschaft der Christen und um den Zuspruch von Gottes Treue für ein ganzes Leben.

Auch wenn die Kirche freilich ohne Geld nicht in der gegenwärtigen Form existieren kann, geht es im Glauben um viel Größeres als um Geld. Deshalb traut man sich manchmal gar nicht, um Spenden zu werben oder übers Spenden zu predigen, damit es eben nicht heißt: „Die wollen ja nur Geld“. Paulus ist anders. Er wirbt eindringlich für die Kollekte für Jerusalem: persönlich, über Boten und per Brief. Er macht das Geld oder besser gesagt das Geben deutlich zum Thema.

4. Voraussetzung fürs Geben

„Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb!“.

Wie kann das in den Menschen geweckt werden, dass sie fröhlich geben? Paulus lenkt den Blick der Korinther auf das, was sie alles von Gott bekommen haben. Er schreibt: „Gott aber kann machen, dass alle Gnade unter euch reichlich sei, damit ihr in allen Dingen allezeit volle Genüge habt und noch reich seid zu jedem guten Werk“.

„Volle Genüge“ kann Gott schenken. Haben wir diese volle Genüge? Hat Gott uns soviel an materieller Basis geschenkt, dass wir jeden Tag mit dem Nötigsten versorgt sind? Hat Gott seine Gnade so reichlich ausgegossen, dass wir sogar mehr haben, als wir brauchen? Nicht jeder hat diese volle Genüge, auch hier in Oeslau / Oberwohlsbach gibt’s Menschen, die jeden Cent umdrehen müssen und sehr knapp bei Kasse sind. Aber es gibt die vielen anderen, zu denen ich mich Gott sei Dank auch zählen darf, die genug haben und sich sogar ab und an einen Urlaub oder anderes leisten können.

Wem Gott reichlich schenkt, der kann gerne und fröhlich etwas abgeben und ein gutes Werk tun, wie es Paulus sagt.

5. Die Folgen des Gebens

Warum dieses Werk, das Teilen und Abgeben, gut ist, beschreibt Paulus näher, wenn er auf die drei Folgen der Kollekte für Jerusalem eingeht.

a)    Er nennt zuerst: „Der Dienst der Sammlung hilft dem Mangel der Heiligen ab“: Die Kollekte des Paulus soll die Armen in der Heiligen Stadt unterstützen. Auch die Kollekten, die wir sammeln, haben ihren guten Zweck.

In unserer letzten Kirchenvorstandssitzung haben wir uns mit den Kollekten für das Jahr 2017 befasst. Es gibt eine große Liste mit vorgeschlagenen Kollekten für viele Zwecke, und unser Kirchenvorstand hatte die Aufgabe, daraus die Sammelzwecke auszuwählen, für die wir in St. Johannis sammeln wollen. Die Liste reichte von diakonischen Projekten über die Arbeit mit traumatisierten Kindern in Kriegsgebieten, Hilfe für evangelische Gemeinden, die im Ausland in der extremen Diaspora leben bis zur Kindergarten- oder Erwachsenenbildungsarbeit in Bayern. Es galt zu überlegen, welche Sammelzwecke uns am Notwendigsten erscheinen und zu entscheiden, wofür wir die Kollekten bestimmen. Wichtig ist daran zu denken, dass hinter jedem Verwendungszweck Menschen stehen, die z.T. auf die Zuwendungen angewiesen sind. Unsere Kollekten tun ein gutes Werk und helfen, wie es Paulus sagt, dem Mangel an anderen Orten ab.

Im Gottesdienst sammeln wir nicht nur die Kollekte am Ausgang, die eben meistens für Zwecke außerhalb unserer eigenen Gemeinde bestimmt ist. Wir sammeln nach der Predigt den Klingelbeutel ein, der der eigenen Gemeinde zu Gute kommt. Denn auch bei uns gibt es Aufgaben zu finanzieren: angefangen von unserem kirchlichen Personal wie z.B. den Organisten über die Heiz- und Unterhaltungskosten unserer Gebäude bis zu den Projekten in unserer eigenen Gemeinde, wie z.B. der Suppenküche, oder ganz aktuell den Bau des behindertenfreundlichen Zugangs zur Kirche, der nun endlich losgeht, und den wir Dank einer sehr großzügigen Spende guten Gewissens beginnen.

Hilfreich für Menschen in Not sind ja nicht nur die Sammlungen in der Kirche. Es gibt ganz verschiedene Organisationen, die wertvolle Arbeit leisten, wie z.B. die Kindernothilfe oder die Diakoniekatastrophenhilfe. Allen ist gemeinsam, dass sie Menschen in Not unterstützen oder mit Paulus gesprochen dem Mangel der Heiligen abhelfen.

b)    Paulus nennt eine zweite Folge der Sammlung: Sie wirkt auch überschwänglich darin, dass viele Gott danken.

Diejenigen, die Unterstützung bekommen, sind wirklich in den allermeisten Fällen sehr dankbar. Es ist ein Dank nicht nur an uns, die oft unbekannten Unterstützer, sondern v.a. auch ein Dank an Gott, der durch seine Leute Gutes wirkt.

c)      Und die Jerusalemer tun noch etwas außer Danken: Die Jerusalemer beten für die Korinther. Sie wissen vom Glauben und Leben der Gemeinde, und bringen den Dank für die Korinther und die Sorgen der Korinther vor Gott. Es kommt also etwas zurück nach Korinth. Die Kollekte ist keine Einbahnstraße. Ähnliches erleben wir mit unserer Partnergemeinde in Tansania, die wir regelmäßig unterstützen, und die in unseren Gottesdiensten durch die Partnerschaftskerze präsent ist: Ich bin mir sicher, dass dort im Gottesdienst regelmäßig für uns gebetet wird.

Liebe Schwestern und Brüder!

Mit Paulus haben wir heute etwas tiefer über Erntedank und die rechte Art des Dankens nachgedacht. Zwei seiner Sätze bleiben mir besonders im Ohr:

Einmal: „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb!“. Paulus wünscht sich fröhliche Geber, die sagen: Ich gebe aus frohem Herzen, weil ich weiß, wie reich ich beschenkt bin und weil ich weiß, dass es anderen reichen Segen bringt.

Zum zweiten bleibt mir der letzte Satz im Ohr: „Gott aber sei Dank für seine unaussprechliche Gabe!“.

Eine Gabe Gottes ist es, dass er Wachstum und Gedeihen schenkt und manch einem mehr gibt, als er braucht. Eine Gabe Gottes ist es aber auch, dass Menschen füreinander einstehen und einander helfen mit ihrer Zeit, mit ihren Gaben und Fähigkeiten, und auch finanziell. Das zeichnet die christliche Gemeinschaft aus und zeigt unsere Treue zum Evangelium. Und eine Gabe Gottes ist die segensreiche Wirkung, wenn wir das tun.

Ich schließe mit Paulus:

„Der aber Samen gibt dem Sämann und Brot zur Speise, der wird auch euch Samen geben und ihn mehren - und wachsen lassen die Früchte eurer Gerechtigkeit.“.

Amen

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