Gottesdienst in St. Johannis am 29. Januar 2017 - 4. Sonntag nach Epiphanias - Teil 1

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St. Johannis

Jubiläumspredigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Emporebilder Teil 1"

Predigtreihe 500 Jahre Kirche St. Johannis

Das Leben Jesu in den Emporenbildern, Teil 1

Predigt:

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen.

Liebe Gemeinde!

Im Jahr 1604 ließ Herzog Johann Casimir unsere Kirche generalsanieren. Ihm und dem Geschmack seiner Frau verdanken  wir den Großteil unserer wunderschönen Ausstattung, und eben auch besonders unsere Bilderbibel zum Leben Jesu. Solche Bilderbibeln haben ja eine lange Tradition. In der Zeit Martin Luthers und kurz danach, da gab es v.a. Bekenntnisbilder, die seine und unseren lutherischen Überzeugungen  dargestellt haben. Ende des 16. Jahrhunderts wurde dann aber der „erzählende“ Bilderzyklus die Regel. So einen finden wir in unserer Kirche.

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Ursprünglich hatte unsere Kirche ja zwei Emporen übereinander, wovon die untere bis in den Chorraum ging und die sogenannte Herzogsloge beherbergte. Die Bilderbibel zum Leben Jesu bestand aus zwei Zyklen: An der unteren Empore waren die Geburt und die Kindheit Jesu dargestellt, sowie Szenen aus seiner  Lehrtätigkeit und Wundertaten. Die zweiten Empore beherbergte den Passionszyklus, also die Bilder zum Leiden, Sterben und Auferstehen Jesu. Als unsere Kirche 1953/54 erweitert wurde, wurde die Doppelempore in eine einfache Empore umgebaut. Die beiden Bilderzyklen wurden dabei hintereinandergereiht und, da nicht alle Bilder benötigt wurden, wurden manche Bilder aus dem Zyklus herausgenommen. Sie wurden zuerst ganz aus der Kirche entfernt und befanden sich über 20 Jahre in den Kunstsammlungen der Veste Coburg befanden. Bei der letzten Renovierung 1975 wurden sie aber wieder zurückgebracht und fanden unter der Orgelempore ihren neuen Platz, hatten da aber schon längst ihren angestammten Platz in der Bilderbibel verloren.

Heute Abend wollen wir den Bilderzyklus in seiner ursprünglichen Reihenfolge miteinander betrachten und ich werde zu jedem Bild einen kurzen Impuls weitergeben, der uns ins Nachdenken bringen kann.

Zyklus Kindheitsgeschichte und Wirken Jesu

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Der Erzengel Gabriel erscheint einer jungen Frau, Maria, und kündigt ihr Unglaubliches an: „Siehe, du wirst schwanger werden und einen Sohn gebären. Der wird groß sein und Sohn des Höchsten genannt werden.“ Wie reagiert die überraschte Maria darauf? Sie antwortet nach einem kurzen Gespräch: „Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe, wie du gesagt hast“. Maria stellt sich in den Dienst Gottes. Sie tut, was Gott von ihr erwartet und wird im wahrsten Sinne des Wortes zur Trägerin des Heils, des Heilands. Ist das auch meine Haltung: „Mir geschehe, wie du gesagt hast“? Oder kann sie es werden?

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Jesus ist geboren. Das erste Weihnachten hat stattgefunden. Maria und Joseph sind bei ihrem Kindlein und Ochs und Esel sind im Stall zu sehen. Jesus ist ungewöhnlich dargestellt: Der, der ein frischgeborenes Baby ist, ist dargestellt mit wachem verständigem Gesichtsausdruck, mit Mimik und Gestik und scheint etwas mitzuteilen oder die Umstehenden segnen zu wollen. Eigentlich unmöglich. Aber dadurch zeigt uns der Künstler: Schon von Jesus als Baby geht Wirkung aus. An Weihnachten lassen wir uns jedes Jahr neu von diesem Kindlein bewegen. Die Engel kommen von den Herden, und geben die Botschaft des Engels, die sie empfangen haben, an die heilige Familie weiter. Maria legt ihre Hand ans Herz und bewegt diese Worte in ihrem Herzen. Lasse auch ich mich von Gottes Wort bewegen? Auch dann, wenn es noch weit von der Realität meiner Lebens entfernt scheint, so wie jener „Friede auf Erden“ weder für Maria noch für die Hirten spürbar war? Gottes Wort bewegt die Herzen, so dass Licht mitten in allem Dunkel aufscheint und in die Zukunft leuchtet. 

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Unser nächstes Bild ist das erste, das sich unter der Westempore befindet. Man fand diese Geschichte vielleicht nicht so wichtig, weil man sie 1950 wie einige andere aussortiert hat. Und dieses Bild ist weiß. So ähnlich haben im 19.Jhd. alle Reliefs gewirkt: Unsere Kirche wurde ab 1810 gut zehnmal weiß überpinselt, und die Bilder wurden mit etwas Vergoldung versehen. Das hatte seinen Grund: Das Bunte kam aus der Mode kam. Die Farbe weiß entsprach der neuen Rationalität ab dem 18.Jhd., als viele Kirchen und Betsäle in nüchternem Farbton gehalten wurden Bei der farbliche Fassung der Emporenbilder wurde erst bei der letzten Renovierung wieder reigelegt und rekonstruiert. Bei den von der Veste zurückgekehrten Bilder wurde das aber nicht getan, da sie bei den schlechten Lichtverhältnissen unter der Empore im hellen Weißton besser wirken. Außerdem geben sie uns so einen Eindruck davon, wie die Kirche über eineinhalb Jahrhunderte aussah. Zu sehen ist auf diesem Bild die nach jüdischer Tradition erfolgte Beschneidung des neugeborenen Kindleins am 8.Tag nach seiner Geburt. Bei dieser Gelegenheit hat das Kind, wie damals üblich, auch seinen Namen bekommen: Jesus. Darum ist am 1. Januar nicht nur Neujahr, sondern zugleich der kirchliche Festtag der Namensgebung Jesu. Jesus: hebräisch Jeschua, zu Deutsch: Gott rettet! Sein Name ist Programm. Lasse ich mich von ihm retten?

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Menschen kommen von weit her, um das Kind anzubeten, Sterndeuter aus dem Morgenland. Sie bringen ihre Geschenke: Gold als Zeichen, dass dieses Kind ein König wird. Weihrauch als Zeichen, dass Jesus Sohn des Höchsten ist. Bittere Myhrre als Zeichen, dass er einmal einen bitteren Weg zu gehen haben wird. Die Tradition hat aus den Sterndeutern Könige gemacht, von denen jeder aus einem anderen Erdteil stammt. In ihnen kommt die Welt symbolisch zu Christus. Heute kommen viele aus der Welt in unser Land. Legen wir vor ihnen Zeugnis von unserem Glauben ab? Erzählen wir begeistert von Jesus, von unseren christlichen Werten, von Freiheit, Frieden, Gerechtigkeit und der Bewahrung der Schöpfung? Denn nur wer Christus begegnet, kann wie die Sterndeuter in ihm den Heiland der Welt erkennen. Geben wir anderen die Chance dazu.

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40 Tage nach seiner Geburt bringen die Eltern Jesus in den Tempel, um ihn dort darzustellen und das vorgeschriebene Opfer zu bringen. Dort treffen sie auf den alten Simeon, dem Gott versprochen hatte, er würde nicht sterben, ehe er den Heiland zu Gesicht bekäme. Voller Rührung betet er nun: „Herr, nun lässt du deinen Diener in Frieden fahren, denn meine Augen haben den Heiland gesehen!“. Christus im Blick zu haben, das verändert unser Sterben. Das gibt Hoffnung auf dem letzten Weg.

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Wieder eines der weißen Bilder. Der 12-jährige Jesus in Jerusalem. Die Eltern haben ihn verloren, können ihn nicht finden. Wo ist er? Im Tempel! Er diskutiert mit den Schriftgelehrten. Als sie ihn finden und mit Vorwürfen überhäufen, da antwortet er: „Wusstet ihr nicht, dass ich in meines Vaters Hause sein muss?“ Fühle auch ich mich im Haus Gottes, in der Kirche wohl? Wir haben eine beeindruckende Kirche. Als wir unseren neuen Kirchenführer schrieben, habe ich wieder soviele neue Details entdeckt. Ein Raum, der zu uns sprechen will, der unser Leben mit Gott zusammenbringen will. In deinem Haus bin ich gern, Vater!

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Unser nächstes Bild ist das erste, das sich unter der Westempore befindet. Man fand diese Geschichte vielleicht nicht so wichtig, weil man sie 1950 wie einige andere aussortiert hat. Und dieses Bild ist weiß. So ähnlich haben im 19.Jhd. alle Reliefs gewirkt: Unsere Kirche wurde ab 1810 gut zehnmal weiß überpinselt, und die Bilder wurden mit etwas Vergoldung versehen. Das hatte seinen Grund: Das Bunte kam aus der Mode. Die Farbe weiß entsprach der neuen Rationalität ab dem 18.Jhd., als viele Kirchen und Betsäle in nüchternem Farbton gehalten wurden. Die farbliche Fassung der Emporenbilder wurde erst bei der letzten Renovierung wieder freigelegt und rekonstruiert. Bei den von der Veste zurückgekehrten Bildern wurde das aber nicht getan, da sie bei den schlechten Lichtverhältnissen unter der Empore im hellen Weißton besser wirken. Außerdem geben sie uns so einen Eindruck davon, wie die Kirche über eineinhalb Jahrhunderte aussah.
Auch der Namenspatron unserer Kirche ist zweimal in ihr abgebildet: Johannes der Täufer. Auf diesem Bild kommt Jesus zum Jordan und lässt sich von ihm taufen. Über ihm tut sich der Himmel auf, der heilige Geist, hier dargestellt als taube, kommt auf ihn herab, und die Himmelsstimme spricht: Du bist mein lieber Sohn, an dir habe ich Wohlgefallen. Auch in deiner Taufe kam der Heilige Geist in deine Existenz hinein. Auch zu dir sprach er damals und spricht er bis heute: Du bist meine liebe Tochter, mein lieber Sohn! Du gehörst zu mir, und ich sorge für dich wie ein guter Vater.

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Jesus verwandelt Wasser zu Wein. Jesus hat gerne gefeiert und war in fröhlicher Runde mit anderen zusammen. Und auch der Glaube ist nichts einengendes strenges. Jesus vergleicht das Reich Gottes oft mit einem Hochzeitsmahl. Ist auch für mich der Glaube eine fröhliche Sache? Wenn nicht, was muss sich ändern?

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Jesus wird in der Wüste vom Teufel versucht. Dieses Bild ist eines mit einer großen Tiefsinnigkeit, denn es ist spannend zu sehen, wie der Teufel nach und nach enttarnt wird: Auf dem ersten Bild erscheint er im Gelehrtengewand, bei der zweiten Versuchung Jesu ist er schon bloßgestellt, indem sein Schwanz zu sehen, und als er zum drittem mal Misserfolg hat, da flieht er nackig. Enttarnen auch wir unter uns das Böse? Nehmen auch wir wahr, wo im persönlichen oder gesellschaftlichen Leben etwas nicht im Sinne Gottes läuft? Lassen wir uns verführen mitzutun oder bleiben wir standhaft wie Jesus? Jesus beruft sich bei allen drei Versuchungen auf das Wort Gottes. Das Wort Gottes hilft uns, damit das Böse keine Macht über uns bekommt.

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Jesus predigt in einem Boot auf dem See Genezareth. Selbst die Fische hören mit offenen Mäulern zu. So viele gute Worte hat er für die Menschen. Worte, bei denen das Herz aufgeht. Worte, die meinen Blickwinkel auf mich und andere verändern. Worte, die Mut machen, die Zukunft schenken. Die Zuhörer sind bewegt: einer sieht aus, als wollte er nachfragen. Einer, als würde er Jesus anbeten. Einer, als würde er verständig nicken. Jesus spricht seine Worte auch zu dir. Lass dich doch immer wieder von ihm ansprechen, und du wirst merken, wie seine Worte in dir wirken.

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Zuerst möchte ich hier auf den Hintergund hinweisen. Das ist mit großer Wahrscheinlichkeit das Oeslauer Schloss im Jahre 1604, mit dem Wirtschaftshof, der heutigen Domäne, und unserer Kirche mit frisch errichtetem Kirchturm. Es war früher üblich, prägende Gebäude des Ortsbildes im Hintergrund zu präsentieren. Jesus ist hier im Gespräch mit jener kanaanäischen Frau, die einfach nicht aufgibt. Sie hält an ihm fest, und verändert seine zunächst ablehnende Haltung. Und er lässt ihre Tochter schließlich gesundwerden. Bleibe auch ich an ihm dran, selbst wenn ich sein Wirken nicht sofort spüre?

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Jesus macht Menschen satt – an Leib und Seele. Zunächst gibt er ihnen Seelenspeise durch seine Worte, dann sorgt er dafür, dass alle 4000, die gekommen waren, auch körperlich satt werden. Nehme ich dankbar wahr, was Gott mir alles Gutes schenkt?

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Die Menge will die Ehebrecherin steinigen. Jesus sagt zu ihnen einen Satz. Ein Satz, der tief in unseres kollektives Gedächtnis eingegangen ist, und der manch einen Konflikt verhindern und manch eine Situation retten kann: „Wer von euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein!“.

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Die Jünger fragen Jesus: "Wer wird der Größte sein im Gottesreich?" Und er rief ein Kind zu sich und stellte es mitten unter sie und sprach: "Wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr nicht umkehrt und werdet wie die Kinder, so werdet ihr nicht ins Himmelreich kommen."
In der Kirche und im Glauben geht’s nicht um Ansehen, nicht darum, wer mehr Macht hat oder beliebter ist. Es geht darum, wie die Kinder zu werden, sich dem himmlischen Vater so anzuvertrauen, wie sich ein Kind den eigenen Eltern anvertraut.

Damit ist der Bilderzyklus der unteren Empore zur Kindheit und zum Wirken Jesu fast abgeschlossen. Ein Bild gab es noch, das damals auch auf die Veste Coburg ausgelagert wurde, das aber nicht zurückkam, weil es dort verschollen ist. Es hatte ganz vorne in der Herrscherloge seinen Platz und schloss diesen ersten Zyklus ab: Es war die Geschichte vom reichen Mann und dem armen Lazarus.

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zum Weiterlesen: 2. Teil der Predigt "Passionszyklus"