Gottesdienst am Sonntag Oculi - 28.02.2016

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Curanum, St. Johannis

Predigt:
Pfarrer Jörg Mahler

"Nachahmer Gottes"

Predigttext: Epheser 5,1-8a

So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder 2 und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch. 3 Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört. 4 Auch schandbare und närrische oder lose Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Danksagung. 5 Denn das sollt ihr wissen, dass kein Unzüchtiger oder Unreiner oder Habsüchtiger - das sind Götzendiener - ein Erbteil hat im Reich Christi und Gottes. 6 Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten; denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams. 7 Darum seid nicht ihre Mitgenossen. 8 Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn 

Predigt: 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen. 

So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder 2 und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer, Gott zu einem lieblichen Geruch. 

Liebe Schwestern und Brüder! 

Viele Jugendliche haben ihre Stars, die sie bewundern. Bestimmt war das in ihrer eigenen Jugend nicht anders: einen guten Sportler, die Gewinnerin von Voice of Germany oder germans next top model, gutaussehende Schauspieler oder jemanden, der ganz alternativ lebt. Die jungen Leute, die so ein Idol haben, die versuchen möglichst viel über ihren Star zu wissen und vieles genauso zu machen, ihm nachzueifern. Der Star wird zum Vorbild. Und manch einer fährt weit, um ihn zu sehen und ein Autogramm oder einen Selfie mit ihm zu bekommen. 

Man will möglichst engen Kontakt, nicht nur eine Freundschaft auf Facebook, wo man sich als „follower“ einträgt – als einer, der dem Star folgt und alle Neuigkeiten sofort erfährt, sondern am Besten eine echte Freundschaft. 

Und damit sind wir beim im Thema des heutigen Sonntags: bei der Nachfolge Jesu. Denn bei denen, die Jesus folgen, ist es nicht anders: Diejenigen, die ihm folgen, wollen auch eine möglichst enge Beziehung zu ihm, und sie versuchen so zu leben, wie es Jesus ihnen vorgelebt hat, sie bemühen sich, seinen Lebensstil zu imitieren. Diese beiden Seiten gehören zur Nachfolge Jesu wie die zwei Seiten einer Münze: die enge Beziehung zu Jesus, und einen Leben, das sich an seinem orientiert. 

Beides gehört zusammen. Bei manchen Christen reduziert sich der Glaube auf das rechte Verhalten, und sie sagen: Ich bin Christ, weil ich keinem etwas zu Leide tue, oder weil ich mich sogar viel für andere einsetze. Aber haben die auch eine lebendige Beziehung zu Christus? Und auch das andere gibt es: Menschen, die viel in der Bibel lesen und beten, denen man aber im Umgang mit anderen nicht abspürt, dass sie Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu sind. Beides ist wichtig. 

Unser heutiger Predigttext beschäftigt sich mit dieser zweiten Seite der Nachfolge, dem richtigen Verhalten. Der Apostel gibt uns heute einige Verhaltensratschläge mit, die Ihnen vielleicht noch aus der Lesung in Erinnerung sind. Diese Ratschläge klingen fast wie Ermahnungen. Kinder werden ermahnt, weil man Schaden von Ihnen abhalten will. Bei dem Apostel ist es ähnlich: Er möchte Schaden von uns Christen abhalten, und uns auf einen guten Weg bringen oder uns auf dem guten Weg halten. 

Doch in unserem Predigtabschnitt, da ermahnt er nicht nur. Seine Verhaltensratschläge, seine Forderungen sind umgeben von einem Rahmen. Dieser Rahmen erst stellt die konkreten Ermahnungen ins rechte Licht. Ein Bild braucht auch einen entsprechenden Rahmen, damit es wirkt. Die Verhaltensratschläge des Apostels sind von einem glänzenden hellen Rahmen umgeben. 

Schauen wir uns zunächst diesen Rahmen einmal an: Zu Beginn schreibt er: „So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder“. Gottes geliebte Kinder sind wir. Das erinnert mich an ein Wort Jesu aus dem Matthäusevangelium. Dort spricht Jesus davon, dass wir Gottes Kinder sind (Mt 5,45): Gottes ja und sein Segen stehen über uns. Er liebt uns, wie Eltern ihre Kinder lieben, und immer für sie da sind. 

Und unser Bibelabschnitt endet mit den Worten: „Ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn.“. Auch das erinnert bestimmt nicht nur mich an Jesus, der zu uns und über uns sagt: »Ihr seid das Licht der Welt“. Es ist eure Aufgabe Licht auszustrahlen. Jesus sagt nicht: Ihr müsst Licht der Welt werden. Nein: Ihr seid es! Durch eure Taufe. Weil seit eurer Taufe über eurem Leben Gottes Licht, sein Heil, seine Gnade steht. Darum seid ihr selbst Licht. Heute Morgen habe ich hier am Taufstein einen kleinen Buben getauft, und durfte ihm diese großartige Zusage Gottes zusprechen: Gottes Ja steht über Deinem Leben, du bist sein geliebtes Kind, du bist Licht. 

Ich finde das toll gesagt zu bekommen: Ich bin und du bist ein geliebtes Kind Gottes. Ich bin und du bist Licht. Gott traut mir und dir etwas zu. Das stärkt das Selbstbewusstsein. 

Wenn ich ein geliebtes Kind Gottes bin, wenn ich Licht der Welt bin, dann hat das Folgen. Über diese Folgen denkt der Epheserbrief nach. Der Apostel überlegt, wie das richtige Verhalten der Christen aussehen kann. Dazu muss ich zunächst die Frage klären: Woher nehmen wir als Christen die Maßstäbe für unser Verhalten? 

Heute wird auch viel von den „christlichen Werten“ geredet. Doch auch da die Frage: Worauf gehen diese Werte zurück? Woran lassen sie sich festmachen? 

Der Apostel hat eine einfache Antwort gefunden: Die Maßstäbe für unser Verhalten nehmen wir von Gott selbst. Wir müssen nur die Wege nachgehen, die er uns vorausgegangen ist. Müssen ihm nur nachfolgen, seine Nachahmer sein. 

Jesus selbst fordert seine Zuhörer ja auch zu dieser Nachahmung Gottes auf. Er sagt einmal: „Seid barmherzig, wie auch euer Vater im Himmel barmherzig ist“ (Lk 6,36). Barmherzig geht Gott mit uns Menschen um, barmherzog sollen auch wir miteinander sein. 

Im Alten Testament ist Gott beispielsweise der Beschützer der Witwen und Waisen und Fremdlinge. Und Jesus ist der, der auf Ausgegrenzte zuging, der Menschen Gutes getan und gesagt hat, so dass ins einer Nähe Menschen wieder aufgeblüht sind. Jesus hat eine große Wertschätzung den Menschen gegenüber, auch denen, die wir nicht verstehen, oder die uns sogar Ärger bereiten. 

Wir wissen aber auch, dass nicht alle Fragen, wie wir uns verhalten sollen, in der Bibel vorkommen. Gott und Jesus Nachahmen heißt: die Haltung Gottes und Jesu Christi imitieren, zur eigenen Haltung machen, und daraus eigene Entscheidungen für das eigene Verhalten in den Situationen treffen, in denen wir stehen. Was ist das für eine Haltung Gottes und Jesu? Ich habe sie schon mit den Begriffen Barmherzigkeit und Wertschätzung umschrieben. Der Apostel nennt diese Haltung Liebe! 

Er schreibt im 2.Vers: „Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat und hat sich selbst für uns gegeben als Gabe und Opfer.“. Der Hinweis auf diese große Liebe Jesu, die Worte „für uns gegeben“ und „Opfer“ schlagen die Brücke zur Passionszeit: Jesus hat sich selbst geopfert. Jesus hat geahnt, dass sein Weg im Tod enden wird. Da hätte er sagen können: Nein, ich will diesen Weg nicht gehen. Ich gehe zurück nach Galiläa, in meine Heimatstadt Nazareth, und arbeite dort friedlich als Zimmermann und verdiene so bis ins Alter meinen Lebensunterhalt. Das aber hat Jesus nicht getan: Er ist Gott treu geblieben. Er ist den Weg weitergegangen. Er hat weiter von der Liebe Gottes gepredigt und sie gelebt, bis sie ihn deswegen festgenommen und gekreuzigt haben. Damit ist er auch uns Menschen treu geblieben. Er hat uns gezeigt, dass Gottes Liebe auch dann gilt, wenn es schwierig wird, dass Gott selbst in Leid, Schuld und Tod sich nicht von uns abwendet. 

Das sollen wir uns zum Beispiel nehmen, sagt der Epheserbrief: Auch uns soll diese Liebe durchdringen, die sogar den Tod in Kauf nimmt und aus der Gutes erwächst. 

In der christlichen Jugend ist es modern geworden, ein kleines Armband zu tragen, auf dem die Buchstaben wwjd stehen, eine Abkürzung für: What would Jesus do?, zu Deutsch: Was würde Jesus tun? Genau darum geht’s: 

In all den täglichen Herausforderungen mal kurz inne zu halten und sich zu überlegen: Was würde Jesus da tun? 

Folgt Gottes Beispiel als die geliebten Kinder. Lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat. 

Der Epheserbrief bringt einige Beispiele für das, was nicht zu dieser Liebe passt, die Gott uns schenkt, und mit der auch wir einander lieben sollen. Hören wir nochmal, was er schreibt: 3 Von Unzucht aber und jeder Art Unreinheit oder Habsucht soll bei euch nicht einmal die Rede sein, wie es sich für die Heiligen gehört. 4 Auch schandbare und närrische oder lose Reden stehen euch nicht an, sondern vielmehr Danksagung. 

Zuerst nennt er Unzucht und Unreinheit. Das sind alte Worte, die man heute so kaum mehr gebraucht. Sie bezeichnen ein menschliches Sexualverhalten, aus dem eben nicht Gutes, sondern Schlechtes erwächst. Dazu gehört z.B. der Ehebruch, der Verkehr mit Dirnen und sexuelle Kontakte, ohne dass sie in eine langfristige Beziehungen eingebunden sind. 

Warum wächst daraus nichts Gutes? Nur ein Beispiel von einer Bekannten: Jahrelang hat ihr Ehemann sie mit ihrer besten Freundin betrogen. Gemeinsam sind sie zu dritt in den Urlaub gefahren, ohne dass sie wusste, dass beide ein Verhältnis haben. Nun ist sie über 65 Jahre alt, und lebt von ihrem Mann getrennt. Sie leidet sehr darunter, und kann es nicht verarbeiten. Im Alter wird sie nun allein sein. Der Ehebruch ihres Mannes hat vieles in ihrem Leben kaputt gemacht. 

Das zweite Beispiel des Apostels: Habsucht. Habsucht meint Menschen, in deren Lebensmittelpunkt der Besitz und Geld steht: Habsucht heißt, diese Leute wollen immer mehr haben. Solche Menschen nennt der Epheserbrief auch „Götzendiener“, denn sie setzen an die Stelle Gottes den Besitz. Damit ist das eine Übertretung des ersten Gebots. Und auch das hat negative Folgen, und zwar für den Habsüchtigen selbst, und auch für die anderen. Für den Habsüchtigen, weil er nur auf das Materielle blickt, und dabei oft verlernt, Gefühle und Stimmungen wahrzunehmen, und sich nicht mehr an den kleinen Dingen des Lebens freuen und für sie dankbar sein kann. Und auch für andere hat es negative Folgen, weil oft auf ihre Kosten gelebt wird. 

Sigmund Freud hat gesagt, dass der Mensch durch Triebe und durch die Vernunft gesteuert wird. Die Triebe sind es, die manch einen z.B. zu Unzucht und Habgier ziehen. Aber die Vernunft ist es, die gegen die negativen Folgen der Triebe kämpfen kann und muss. Mit Gottes Hilfe und durch seinen Geist. 

Schandlose und närrische Rede wird als drittes aufgezählt. Das meint das böse Geschwätz über andere Menschen. Es gibt diejenigen, die immer sofort alles weitersagen müssen, ohne zu wissen, ob es stimmt oder nicht. Vielleicht, weil sie sich dadurch selber interessant machen, weil sie immer ein bisschen mehr wissen als die anderen. Zur närrischen Rede gehört aber auch, dass wir oft zu oberflächlich mit unseren Worten umgehen und andere absichtlich oder auch unabsichtlich verletzen. Das hat bestimmt jeder von uns schon erlebt: Da sagt jemand ein Wort, das dieser vielleicht gar nicht so meint, das uns aber tief verletzt. 

Der Apostel nennt auch eine Alternative, was uns Christen statt Unzucht, Habgier und närrischer Rede ansteht: nämlich Dankbarkeit! Dankbar sein für all das Gute, das uns Gott schenkt und erleben lässt, auch wenn das Gute sich manches mal mit schweren Zeiten abwechselt. Dankbarkeit - das steht uns Christen gut an, und das gefällt auch Gott. 

Am Ende warnt uns der Apostel noch vor einer Gefahr: Lasst euch von niemandem verführen mit leeren Worten, denn um dieser Dinge willen kommt der Zorn Gottes über die Kinder des Ungehorsams. Darum seid nicht ihre Mitgenossen. 

Viele Mottos bestimmen heute das Leben: Du brauchst die neuesten Schuhe, den schicksten Rock, das beste Auto! Mache nur das, worauf du Lust hast, ohne Rücksicht auf die Gefühle der anderen oder auf die Folgen für die anderen! Mogele und schummle dich irgendwie durchs Leben! Das macht doch jeder! „Leeren Worte“ nennt dieses Denken der Epheserbrief, denn das wirkt sich nicht unbedingt zum Segen aus, im Gegenteil. 

Die Bibel weiß auch hier eine Alternative: Zur Finsternis zeigt sie uns Licht. Zur Welt das hereinbrechende Himmelreich. Zum Tod den lebendigen Christus. Zur Gleichgültigkeit die Aufmerksamkeit Gottes. Zum Geld 

die Geschenke Gottes. Sie malt uns den Christus vor Augen, der das Verlorene liebevoll sucht bis in den eigenen Tod. Wir müssen nicht über jeden Witz lachen. Wir brauchen nicht überall mitzumachen. Das ist die Freiheit, die der Glaube schenkt: Sich auch gegen das zu entscheiden, was alle tun und was modern ist. Er ermutigt uns, »alternativ« zu sein. Das Wort „alternativ“ kommt übrigens aus dem lateinischen: alter – anders und nativ – geboren. „Anders geboren“ leben wir als Christen. 

Dieser Gedanke schlägt wieder die Brücke zum glänzenden Rahmen unseres Predigttextes, zum ersten und letzten Vers, die so wunderbar unsere neue Geburt durch Gottes Zuwendung und dessen Folge für unser Leben zusammenbinden. Ich lese sie zum Abschluss noch einmal vor: 

So folgt nun Gottes Beispiel als die geliebten Kinder und lebt in der Liebe, wie auch Christus uns geliebt hat. Denn ihr wart früher Finsternis; nun aber seid ihr Licht in dem Herrn. 

Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus.

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