16. Sonntag nach Trinitatus -Erntedankfest- am Sonntag, 5. Oktober 2014 in St. Johannis und Oberwohlsbach

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Die Bäckerei Reißenweber hat uns wieder Gott-sei-Dank-Brote gespendet, die sie am Ausgang mitnehmen dürfen. Damit so ein Brot entsteht, hat nicht nur der Bauer das Korn geerntet, sondern der Müller hat es auch gemahlen, und der Bäcker hat Sauerteig angesetzt und dann das Brot gebacken. Und man könnte bei der menschlichen Arbeit die Transportkette bis ins Geschäft mit hinzurechnen. Viele setzen ihr Können und ihre Kraft für unsere Versorgung ein. Auch an diese Menschen denke ich heute dankbar, und an den, der uns die Fähigkeiten gibt, aus den Erntegaben leckere Speisen zu machen.

Es kommt also beides zusammen: unsere menschliche Arbeit und der Segen von oben. Unser erstes Lied heute hat das so ausgedrückt: „Wir pflügen und wir streuen den Samen auf das Land. Doch Wachstum und Gedeihen steht in des Himmels Hand.“.

Und deshalb feiern wir das Erntedankfest.

II.

Doch was ist eigentlich Dank? Wie danken wir richtig? Auf diese Frage gibt uns unser heutiger Predigttext aus dem Hebräerbrief eine Antwort. Dem Apostel steht vor Augen, wie die Menschen früherer Jahrhunderte Gott ihren Dank gebracht haben. Denn gedankt haben die Menschen schon immer. Am Jerusalemer Tempel war es Brauch, aus Dank ein Tier zu opfern: Das Fett  und die Innereien wurden auf dem Altar verbrannt, der Rest des Tieres vor Ort im heiligen Bezirk in einem Gemeinschaftsmahl verzehrt (3.Mose 3 und 7). Das war das alttestamentliche Dankopfer.

Dem setzt der Apostel spricht im Hebräerbrief zwei andere Arten des Danke-Sagens entgegen, die für Christen angemessen sind: Statt des Brandopfers im Tempel nennt er das Lob Gottes und die gute Tat.

Zuerst also das Lob Gottes. Er schreibt: So lasst uns nun durch ihn Gott allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.

Statt eines Tieropfers fordert der Apostel zum einen also ein Lobopfer. Wir müssen keine Opfertiere mehr verbrennen, es geht leichter: Gott danken, in dem wir ihn loben. Er schenkt uns unser täglich Brot, und wir ihm, wie es hier heißt, die „Frucht unserer Lippen“. Wir sprechen unsere Dankbarkeit vor ihm und vor der Welt aus. Das haben wir heute schon getan: Wir haben Gott gelobt in unseren Liedern und im Gebet, wir werden es weiter tun.

Haben wir dann unsere Pflicht erfüllt? Ich denke, von Pflicht können wir hier nicht reden. Ja, wir sind Gott den Dank schuldig. Aber es geht hier ja um die gelebte Beziehung zu ihm. Und deswegen konkretisiert der Apostel näher, wie er sich dieses Gotteslob vorstellt.

Da finden wir das kleine Wörtchen „allezeit“: Das Lob Gottes darf also nicht auf diese Stunde des Erntedankgottesdienstes beschränkt bleiben, so wie das Dankopfer im Alten Testament an bestimmte Orte und Zeiten gebunden war. Allezeit, das heißt: in unseren Gedanken die Wohltaten bewahren, ohne sie zu vergessen. Der Dank soll uns innerlich ausfüllen, nicht nur den Verstand, sondern auch das Gefühl, so dass sich dieses Gotteslob immer wieder Bahn bricht. Lobpreis ist im Blick auf die Dimension der Zeit ohne Grenze, für Glaubende eine Grundstimmung, eine Art Lebenshaltung. Die zeigt sich z.B. dann, wenn wir vor dem Biss in den Apfel einen dankbaren Blick in den Himmel werfen. Die Dankbarkeit als Grundstimmung trägt auch wesentlich dazu bei, dass ein Mensch innerlich ausgeglichen ist.

III.

Dankbarkeit als Grundstimmung im Leben – manch einer wird vielleicht protestieren und sagen: Schön wärs, wenn es bei mir so wäre! Aber bei dem Schweren, das ich erlebt habe, da kann ich zwar an Erntedank für die Ernte danken. Aber sonst fällt mir das Danken schwer.

Liebe Gemeinde!

„Was läge auf dem Altar, wenn wir nicht die Früchte des Feldes dort hingelegt hätten, sondern die Früchte unseres Lebens? Angst und Sorge lägen inmitten von Traurigkeit und Sehnsucht. Blindheit und Leere inmitten von Liebe und Hingabe. Wieviel Armut mitten im Reichtum wäre da zu sehen, wieviel Not“ mitten im Vertrauen?

 Es gibt kein Lebensgefühl, keine Not, keine unausgereifte Frucht, die nicht hier auf den Altar gelegt werden dürfte, verbunden mit der bitte an Gott um seine pflegende Hilfe. Denn auf ihn können wir uns verlassen. Auch, wenn uns die Dankbarkeit als Lebenshaltung schwerfällt, „können wir uns doch auf den Grund besinnen, der uns an die Verlässlichkeit Gottes glauben hilft: Jesus Christus. Er weiß um unsere Angst, sie war ihm selbst nicht fremd. Er weiß um unsere Not, weil er kam, sie mit uns zu teilen und sie so zu verwandeln.“. Daran erinnert uns Christus am Kreuz, der auf die Gaben des Altars herabblickt.

Und daran denkt auch der Apostel, wenn er schreibt, dass unser Dank „durch ihn“, also durch Jesus Christus geschehen soll. Dankbarkeit durch ihn kennt auch das Leiden, verleugnet aber auch nicht die Kraft Gottes, die nicht nur in den Vorgängen der Natur, sondern auch in unserem Leben wirkt. Denn er ist der, der Menschen Schritte aus der Angst weißt. Manchmal, da ist die Dankbarkeit nur eine Stimme neben anderen, da äußert sie sich zaghaft, leise, zweifelnd. Und doch schließt uns diese Stimme der Dankbarkeit Kräfte auf, die uns weitertragen: Kräfte des Lebens gegen den Tod, Kräfte der Liebe gegen die Gleichgültigkeit, Kräfte der Sehnsucht gegen die Leere.

Daher schließe ich mich, was das Lobopfer betrifft, dem Apostel an:

So lasst uns nun Gott durch ihn allezeit das Lobopfer darbringen, das ist die Frucht der Lippen, die seinen Namen bekennen.

IV.

Und nun das Zweite, was an die Stelle des Brandopfers im Tempel ablöst:

Gutes zu tun und mit andern zu teilen, vergesst nicht; denn solche Opfer gefallen Gott.

Neben das Lobopfer tritt also das Opfer der Tat: Gutes tun und mit anderen teilen.

Als Bill Gates Anfang 2008 seinen den Rückzug aus Microsoft angekündigt hat, um sich künftig ganz auf die Aufgaben seiner karitativen Stiftung zu konzentrieren, bekannte er: „Ich glaube, dass mit dem Geschenk des großen Wohlstandes eine große Verantwortung kommt.“. Und seine Frau fügte hinzu: „Wem, wie uns beiden, viel gegeben wurde, der soll auch viel zurückgeben.“. Es freut mich, diese Einsicht nicht nur zu hören ist, sondern dass sie hier auch in die Tat umgesetzt wird. Es gibt nicht wenige Begüterte, die das Teilen wirklich praktizieren und sich gegen die Armut auf der Welt engagieren.

Gutes Tun und mit anderen Teilen, das ist die zweite Form rechten Dankes. Und dabei geht es auch ums Geld und ums Spenden: Denn wir können unser Brot ja nicht nach Afrika schicken, aber wir können dort die Bauern unterstützen, dass sie Saatgut bekommen, ihre Felder bewässern können, und so für ihren eigenen Lebensunterhalt sorgen. Es war schon bei den ersten Christen so, dass beim Abendmahl Dankesgaben zu den Füßen der Apostel abgelegt wurden. Und damit wurden dann die Armen in der Gemeinde und in anderen Gemeinden unterstützt. Auch bei uns ist es an Erntedank Brauch, beim Gang zum Abendmahl eine Kollekte für Brot für die Welt in die Erntekrone zu legen. Und auch das mitgebrachte Obst und Gemüse werden wir entsprechend verwenden.

Noch ein letzter Gedanke: Wenn man in unseren Breiten spazieren geht, da sieht man sehr oft Obstbäume am Wegesrand, deren Früchte nicht geerntet werden und auf den Boden fallen: ob Äpfel oder Pflaumen oder Birnen. Und auch in manch einem Garten steht ein Baum, der nicht abgeerntet wurde. Die einheimischen Äpfel fallen runter und vergammeln, während wir teuere spanische Äpfel aus dem Supermarkt kaufen. Ich finde das traurig.

Ich freue mich, wenn ich dann höre, wie z.B. ältere Leute Bekannte und Unbekannte einladen: „Holt euch doch Äpfel von meinem Baum, ich kann ja selbst nicht mehr auf die Leiter und Pflücken.“. Auch so werden bei uns Gaben wertgeschätzt und geteilt. Gott sei Dank. Und obendrein entsteht da noch Gemeinschaft unter dem Apfelbaum.

Liebe Festgemeinde!

Danken wir heute und immer wieder unserem Gott. Bringen wir vor ihn auf unseren Lippen unser Lob, und Teilen wir und Tun wir Gutes. Dieser Dank gefällt unserem Gott. Amen.

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

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