Pfingstgottesdienste in St. Johannis, im AWO (09.06.19), in OWB und im Curanum (10.06.19)

Bildrechte beim Autor

St. Johannis, AWO, OWB,
Curanum

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Die verletzliche Feder" 

Predigttext: Joh. 14, 15-27 

Liebt ihr mich, so werdet ihr meine Gebote halten. Und ich will den Vater bitten und er wird euch einen andern Tröster geben, dass er bei euch sei in Ewigkeit: den Geist der Wahrheit, den die Welt nicht empfangen kann, denn sie sieht ihn nicht und kennt ihn nicht. Ihr kennt ihn, denn er bleibt bei euch und wird in euch sein. Ich will euch nicht als Waisen zurücklassen; ich komme zu euch. Es ist noch eine kleine Zeit, dann sieht die Welt mich nicht mehr. Ihr aber seht mich, denn ich lebe, und ihr sollt auch leben. An jenem Tage werdet ihr erkennen, dass ich in meinem Vater bin und ihr in mir und ich in euch.Wer meine Gebote hat und hält sie, der ist's, der mich liebt. Wer mich aber liebt, der wird von meinem Vater geliebt werden, und ich werde ihn lieben und mich ihm offenbaren. Spricht zu ihm Judas, nicht der Iskariot: Herr, was bedeutet es, dass du dich uns offenbaren willst und nicht der Welt? Jesus antwortete und sprach zu ihm: Wer mich liebt, der wird mein Wort halten; und mein Vater wird ihn lieben, und wir werden zu ihm kommen und Wohnung bei ihm nehmen. Wer aber mich nicht liebt, der hält meine Worte nicht. Und das Wort, das ihr hört, ist nicht mein Wort, sondern das des Vaters, der mich gesandt hat.Das habe ich zu euch geredet, solange ich bei euch gewesen bin. Aber der Tröster, der Heilige Geist, den mein Vater senden wird in meinem Namen, der wird euch alles lehren und euch an alles erinnern, was ich euch gesagt habe.Frieden lasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht gebe ich euch, wie die Welt gibt. Euer Herz erschrecke nicht und fürchte sich nicht.

Liebe Festgemeinde, 

wenn ich als Kind eine Feder gefunden habe, nach dazu wenn Sie besonders schön gemustert war, war das etwas Tolles. Ich erinnere mich besonders an eine kleine, blau-weiß-schwarz gestreifte / schillernde Feder. Vom Eichelhäher hat mir mein Vater erklärt. Ich habe sie lange aufbewahrt, diese Feder. 

So eine Feder ist leicht und zart und verletzlich. Manchmal bringt uns das Betrachten dieses kleinen Naturwunders ins Träumen. Und das Leichte, das sprichwörtlich „federleichte“ braucht besondere Achtsamkeit und Pflege. Man muss es im Auge behalten, damit man dieses Zarte / Leichte nicht übersieht. Das Grobe, das Schwere das meldet sich doch oft von selbst, drängt sich in den Vordergrund. Verdrängt das Zarte, das Federleichte im Leben. 

Das Schwere und das kann ja jeder von uns für sich benennen, das Schwere auf dem eigenen Lebensweg, manchmal auch nur am Rand des eigenen Weges, das hat die Tendenz sich nach vorne zu drängen, wird plötzlich raumfüllend, lebensfüllend. 

Deshalb braucht das Schwere, also die Not, die Sorge, das Leid ein Gegengewicht. Wobei Gegengewicht bei einer Feder ja nicht so richtig stimmt. Eine Feder hat ja kaum Gewicht. Ist ganz leicht. Und gleichzeitig ist so eine Feder wie mit einer Kraft verbunden. Gut dass es auch das gibt: Wie eine Feder schweben, sich tragen lassen, getragen sein. Im sanften Windhauch tanzen. Mit dem Wind gehen. Worte die Kraft geben. Einlassen, fallen lassen, getragen werden. 

Sie haben alle eine Bildkarte bekommen (finden es abgedruckt auf dem Liedblatt). Was macht diese Feder so besonders?

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Das besondere Licht?, diese Durchsichtigkeit? Die Farben? Diese Mischung auch Gelb und Orange und Brauntönen. Ist das die Farbe der Feder oder erscheint sie erst im Licht in diesen warmen Farben? Die Feder und das Licht, vor dem schwarzen Hintergrund, macht das Bild erst interessant. Was ist Wirklichkeit, was ist gut in Szene gesetzt, oder ist das ein zufälliger Augenblick? Eine Feder schwebt vorbei. 

Es gibt sie, diese Momente. Es gibt diese Momente auch in unserem Leben. Dieses unmittelbare Geschehen. Ein Licht ein Sternenhimmel, ein Windhauch, eine vorbeischwebende Feder. Und plötzlich fühle ich mich reich beschenkt, verbunden mit mir und mit dem Leben und mit Gott. 

 

Ihr Lieben, 

Pfingsten, das war und das ist so ein besonderer Moment, der fasst der Beschreibung entzieht, wie diese berührt sein, berührt sein vom göttlichen, sich eben jedem uns anders darstellt. Es gibt sie nicht, diese allgemeingültige Gotteserfahrung. Jeder ist anders angesprochen. 

Pfingsten, das ist „angesprochen sein von Gott“. Und dabei ist die Hauptperson des Pfingstfestes, wenn ich den Geist Gottes masl so ennnen darf, gar nicht sichtbar. Jedenfalls nicht so wie bei den anderen kirchlichen Hochfesten. An Weihnachten begegnet und Gott in der Krippe, am Karfreitag am Kreuz und an Oster als der Auferstandene. Ganz bestimmt ist das ein Grund, warum Pfingsten in der wirtschaftlichen Vermarktung keine Rolle spielt. Heiliger Geist als Schokofigur geht halt nicht, bzw. lässt sich nicht verkaufen. Wir brauchen auch keine neuen Pfingstklamotten und wir suchen keine Pfingstochsen im Garten. 

Oft wird der Heilige Geist als Taube dargestellt. Und die Feder auf unserem Bild nimmt darauf noch einmal Bezug. Und (hier) in unserer St. Johanniskirche ist so eine Geisttaube direkt über der Kanzel zu sehen. Sicher vom Gestalter dieser Kirche so gedacht, dass das Wort Gottes, das hier verkündigt wird (bis heute) vom Heiligen Geist durchdrungen sein soll. 

Die Taube, ein Symbol, mehr aber auch nicht, ein Notbehelf, weil wir uns Geist hat so schwer vorstellen können. 

Das griechische und auch das hebräische Wort für den göttlichen Geist bedeutet: Wind, Hauch, Atem, Lebensgeist. Und da müssen wir nicht an die Feder denken, die im Windhauch schwebt. Wir dürfen auch an den Anfang der Geschichte Gottes mit den Menschen denken, an die Schöpfungsgeschichte. Dort wird erzählt: Gott haucht den Menschen den Lebensatem ein. So wurde ein lebendiger Mensch aus der, von Gott geformten, Tonfigur. Wir verdanken unser Leben, von Anbeginn an, diesem göttlichen Lebensatem, diesem Hauch. Ohne diese göttliche Energie gäbe es Kein Leben auf der Welt. 

Wenn wir heute Pfingsten feiern, so tun wir das nicht nur, als die verunsicherten Nachfolger Jesu, wir Jünger und Jüngerinnen, die eine neue Energie brauchen, Mut und Zuversicht und neue Stärke. Wir feiern Pfingsten auch, weil wir heute unsere Aufmerksamkeit auf Gottes Lebensgeist lenken. Und dieser Lebensgeist, dieser göttlich Hauch, trägt uns von Anfang an. Macht uns zu Menschen und zu Gotte Ebenbildern. Es wird deutlich: Wir leben nicht aus uns heraus, sondern aus Gott. 

Im Johannesevangelium, unserem Predigttext, kündet Jesu, für die Zeit nach seinem Leben hier auf der Erde, eine besondere Art göttlicher Gegenwart an. Vielleicht könnte man von dieser besonderen Jesus-Energie sprechen, die seine Anhänger und Anhängerinnen erfüllt. Nicht die Energie eines süßen, koffeinhaltigen 

Getränkes, sondern die göttliche Energie, die uns dafür wachhält, wofür Jesus eingetreten ist. Jesus nennt diese besondere, energiereiche Kraft der Gegenwart Gottes: Tröster. Man könnte auch Anwalt oder Fürsprecher sagen. Also einer, der in Gott selbst für uns eintritt. 

An Pfingsten, da erinnern wir uns diese innige Verbindung mit Gott. Mit dem göttlichen Geheimnis, das wir hier nicht fassen können. Allenfalls immer einmal mal wieder einen Hauch davon. So wie die Feder im Licht tanzt, schwebt, schaukelt. Die Feder auf der Karte, mit ihrem besonderen Licht, mit der Wärme…. Wir können das erahnen, manchmal auch erleben. Wir können manchmal etwas erahnen, weil Gott in uns gegenwärtig ist, weil er uns Augen und Ohren und Herzen öffnet. 

Wir brauchen diese Federmomente, in denen uns dafür die Augen aufgehen. 

Festhakten können wir diese Federmomente nicht. Ein Griff auf die tanzende Feder im Licht und aller Zauber, alle Göttlichkeit wäre dahin. Wir können die Feder nicht festhalten und nicht den Hauch und nicht den Wind und nicht den Atemzug. Wir können auch keine Mauer um die Gegenwart Gottes bauen. Wir können ihn nicht festlegen, definieren und sagen: So ist Gott. Damit stellen wir im einfachsten Fall in ein Museum der christlichen Vergangenheit und im schlimmsten Fall spannen wir Gott und seine Geist vor unsere eigenen ideologischen Fantasien. 

Der Geist Gottes weht wo er will. An uns ist es unsere Antennen auszufahren, sensibel zu sein für diesen Hauch Gottes, seines Geistes. Offen sein, um sich berühren zu lassen von Gottes Lebenskraft. Schon der Wunsch etwas von dieser göttlichen Kraft zu spüren, sich davon berühren zu lassen, hält die Sehnsucht nach ihm lebendig. So können wir uns auf Gottes Gegenwart ausrichten. 

Oft genug nicht in dem vielfach beschrieben, rauschendem Spektakel mit Feuerflammen und mächtigen evangelistischen Predigten in allen Sprachen. Das mag es auch geben. 

Viel mehr, so denke ich das in dem, was unser Eingangslied heute, Gerhard Tersteeten hat es gedichtet so ausdrückt: 

„Gott ist in der Mitte. Alles in uns schwiege.“ „….Du durchdringst alles, lass dein schönstes Lichte, Herr berüren mein Gesicht, mit deiner Kraft, die uns verbindet und Leben schafft.“ 

AMEN