Gottesdienst am Palmsonntag (13. April 2014)

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St. Johannis Rödental

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Wolke der Zeugen" 

Predigttext (Hebräer 12, 1-3)

Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben, lasst uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die uns ständig umstrickt, und lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist,

und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können, das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur Rechten des Thrones Gottes.

Gedenkt an den, der so viel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den Mut nicht sinken lasst.

Herr segne unser Reden und Hören durch deinen Heiligen Geist.

Liebe Gemeinde,

kennen Sie Wilson Kipsang, oder haben sie den Namen schon mal gehört? Wahrscheinlich ehr nicht. Ich jedenfalls habe den Namen auch nur im Internet nachgeschaut. Wilson Kipsang, ein Kenianer ist der aktuelle Weltrekordhalter in Marathonlauf. Im September 2013 in Berlin, lief er die 42,195 Kilometer  in 2.03.23. Weltrekord. Ich persönlich habe noch nie einen Marathonlauf probiert, hie und da aber auch längere Wanderungen, manchmal auch in Etappen über mehrere Tage. Was braucht man, um so einen  Langstreckenlauf, einen Marathonlauf ganz besonders, bewältigen zu können, überhaupt das Ziel zu erreichen, noch dazu in Weltrekordzeit ?

Zuerst mal  sicher  Training, Training Training. Das kann man aber wohl nur durchstehen, wenn man den Sport, das laufen wirklich liebt, wenn man trotz aller Quälerei noch Spaß an der Sache hat. Was noch? Glauben an sich selbst „Ich kann das schaffen“, die mentale Stärke (Wettkämpfe  werde n im Kopf gewonnen, sagt man), Mitläufer / sportliche Gegner, die einen herausfordern.  Besonders Marathonläufer berichten, dass man im Wettkampf an einen Punkt kommt, an dem  man meint es geht nicht mehr weiter. Dann braucht man die Fähigkeit die Zähne zusammen zu beißen, ja, sich selbst zu quälen, den inneren Schweinehund zu überwinden. Und nicht selten, sind es dann die Zuschauer die einen anfeuern, einen weitertreiben, neue Kräfte wecken oder  helfen die letzten Reserven zu mobilisieren, sich neu zu motivieren.

Warum erzähle ich ihnen das alles? Ich denke, der Verfasser des Hebräerbrief hatte (vielleicht) so einen Langstreckenlauf vor Augen, wenn er der Gemeinde,  schreibt „lasst uns laufen mit Geduld“. Und es war wohl so, dass die Adressaten des Hebräerbriefs, an so einen Punkt gekommen waren, wo die Euphorie in der urchristlichen Gemeinde erlahmte, an dem Punkt im Marathonlauf an dem man droht schlapp zu machen. Da sind sie mit großer Begeisterung losgelaufen , die ersten Kilometer auf dem Glaubensweg fast dahingeflogen, und dann zieht es sich, auf dem christlichen Lebensweg. Erschlaffung droht, gar Aufgabe.

Am heutigen Palmsonntag, erinnern wir uns an die Begeisterung beim Einzug Jesu nach Jerusalem. Ein triumphaler Empfang wurde im bereitet „Gelobt sei der da kommt im Namen des  Herrn, Hosianna“ Und ein paar Tage später sind die Jünger zu erschöpft um mit Jesu im Garten Gethsemane  zu beten, schlapp gemacht. Das Hosianna ist schnell verflogen und etliche der Hosiannarufer schreien ein paar Tage später  „Kreuzige ihn“.

Das sind, um im Bild zu bleiben, Kurzstreckenläufer, ohne Ausdauer. Der schnelle Event ist gesucht, schnell hochpuschen und gut ist ´s.

Ihr Lieben,

das Leben als Christ, das Leben in der christlichen Gemeinde gleicht aber wohl ehr einem Langstreckenlauf.  Und so wie die Gemeinde der Hebräer, nach der ersten Begeisterungswelle nach und etwa 60 Jahren zu erlahmen droht, so geht es uns ja auch. Wir kennen auch diesen Punkt im Langstreckenlauf Christentum an dem „schlapp machen“ droht.

Es ist ja vergleichsweise leicht bei der Taufe zu versprechen: Ja ich will dieses Kind zu im Glauben erziehen und zu Jesus führen aber es ist schwer dann dran zubleiben. Es ist leicht bei der Konfirmation zu singen: Bei dir Jesus will ich bleiben, wenn dann im Alltag scheinbar kein Platz mehr für ich ist. Es ist ja leicht, mit vollmundigen Worten für Umweltschutz zu sprechen und dann halt doch für jede kleine Strecke das Auto zu benutzen. Es ist leicht gerechte Entlohnung etwa von Kaffeebauern in Afrika und Südamerika zu fordern und dann halt doch wieder den Kaffee beim Discounter für 2,99 zu kaufen. Die Liste kann ja jeder von uns beliebig verlängern.

DRANBLEIBEN IST SCHWER! Es ist ein immerwährender Kampf für den wir Geduld brauchen. „Lasst uns laufen mit Geduld, in dem Kampf der uns bestimmt ist“ so sagt es unser Bibeltext. Geduld die Gott mit uns haben muss, aber auch Geduld die wir mit uns selber haben müssen.  Geduld, wenn unser guter Wille mal wieder eine Niederlage erlitten hat. Wenn uns wieder etwas Unbedachtes herausgerutscht ist, wenn wir doch ein paar Euro mehr hätten geben können, wenn wir hat doch wieder mal weggeschaut haben angesichts der Not anderer Menschen…… 

Dranbleiben ist schwer.

Da macht es Hoffnung, da tut es gut, wenn der Verfasser des Hebräerbriefs an die „Wolke der Zeugen“ erinnert.

Ein kurioses Bild. Wolke der Zeugen. Wieder auf den sportlichen Wettkampf übertragen, könnte ich mir darunter, zum Ersten, die Zuschauer vorstellen. Im Fußball sagt man der 12. Mann, die Fans die einen antreiben.

Nun weißen wir es natürlich weit von uns, als Christen Fans zu haben. Wir sollten aber nicht von der Hand weisen, dass es Menschen gibt (die kennen wir vielleicht gar nicht wissentlich), die tatsächlich auf uns schauen, die sich auch an uns orientieren, für die wir, mit unserer Person, unserem Glauben, unserem Handeln wichtig sind. Das kann dann ja auch ein Ansporn für uns sein, die, denen wir Orientierung sind, nicht zu enttäuschen (nicht vorzeitig aufgeben).

Die Wolke der Zeugen, das  sind zweitens, aber ganz sicher auch vielen Mitchristen, (die Mannschaft, das Team)die uns mittragen , anfeuern, aufmuntern, an die Hand nehmen wenn wir drohen schlapp zu machen, wenn wir an unseren toten Punkt auf dem christlichen Lebensweg sind. Danke es Euch gibt.

Und dann gibt es die dritte Kategorie die ich als Wolke der Zeugen bezeichnen möchte. Im Sport sind das die Idole, denen ein (junger) Sportler nacheifern möchte, Vorbilder die großes geleistet haben. Und bestimmt ist der eingangs genannte Wilson Kipsang und seine Leistung Ansporn für andere Marathonläufer.

Die Bibel selbst bietet uns eine große Anzahl von Idolen in der Wolke der Zeugen. Die Urväter Abraham, Jakob, Mose, David …. Große Namen, vielleicht ein bisschen zu groß für uns, aber „Heilige“ in unserem Sprachgebrauch, also ohne Fehl und Tadel waren sie alle nicht. Da ist Abraham, der aus Angst um sein Leben, seine Frau verleugnet, Jakob, der sich mit einem miesen Trick das Erstgeburtsrecht erschleicht, Mose, der einen Ägypter aus Zorn erschlug, David, der Ehebruch begangen hat,

Sie alle, die großen Gestalten der Bibel (und die Liste lässt sich ja fortsetzen etwa um den Jünger Petrus, der Jesu verleugnete…) mussten auch ihren Kampf mit sich selber führen und Niederlagen akzeptieren.

Zur Wolke der Zeugen gehören sicher, und es ist halt ehr in der katholischen Kirche eine wichtige Tradition die Heiligen. Oder eben auch die neueren  „Heiligen“ , besser Zeugen wie Martin Luther oder Dietrich Bonhoeffer , Sophie Scholl und Martin Luther King. Und warum nicht auch Menschen, die gar keine Christen waren: Mahatma Gandhi  fällt mir ein. Menschen die ihren Glaubensweg konsequent gegangen sind. Aber in der Wolke der Zeugen sind nicht nur die  Persönlichkeiten mit großen Namen beheimatet. 

In diese Wolke gehören für mich auch das „Fräulein“ die mir im Kindergottesdienst Geschichten erzählt hat, meine Mutter die jeden Abend an unseren Kinderbetten „Müde bin ich geh zur Ruh“ gebetet hat, der ehrenamtliche Jugendleiter der zwar nicht so viel vom Glauben geredet hat, dem aber abzuspüren war, dass er als Christ lebt. Da ist der Pädagogik-Dozent der mich lehrte die Würde jedes Menschen wertzuschätzen und und und.

Ich denke auch sie alle haben Wegbegleiter durch ihr Leben in der Wolke der Zeugen sitzen, die uns anfeuern

Und, auch das sollte uns klar sein: Auch wir sind Zeugen des Glaubens für andere. Perfekt können wir dabei nicht sein und sind es auch nicht, genau so wenig wie Abraham, Jakob, Petrus......es waren.

Dennoch gilt das Wort aus dem heutigen Text: Lasst uns laufen mit Geduld in den Kampf der uns bestimmt ist.

Oder, eben: Lasst uns nicht schlapp machen. Im Sport im Wettlauf wird einer besser, wenn ein guter Konkurrent die eigenen Kräfte herausfordert. Da geht beim Wettlauf immer wieder der Blick zur Seite, nach hinten, nach vorne: Wie schnell ist der andere, kann ich dranbleiben……

Auch der Hebräerbrief fordert uns auf, den Blick zur Seite zu wagen: Schaut auf Jesus, er gibt die Orientierung. Nicht weil wir so sein könnten wie er, aber weil Jesu seinen Lauf konsequent beendet hat, konsequent, das heißt bis zur letzten Konsequenz am Kreuz. Schaut auf Jesus, der nicht nur die Orientierung vorgibt sondern der gleichzeitig auch unsere Last, unsere Unfähigkeit, unsere Schlappheit trägt, ja sogar für uns trägt.

Ja, Christsein leben, das hat etwas von einem Langstreckenlauf. Es braucht Training, also immer wieder die Auseinandersetzung mit Gottes Wort, die Liebe zu dem was man tut, Herausforderungen an denen wir wachsen, die Gemeinschaft des Teams bzw. der Gemeinde und die die uns anfeuern, bestärken, wieder aufrichten, Mut machen , die mentale Stärke die wir im Gebet finden können.

„ Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf, der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens“

 Das sind tröstliche Worte

Aufsehen zu Christus, das ist so etwas wie erlaubtes Doping, aufsehen zu Christus, das zieht keine Disqualifikation nach sich, im Gegenteil: Aufsehen zu Christus, das ist unsere Qualifikation.

Gott, wir danken dir für deine Geduld mit unserer Schwachheit. Schenke uns immer wieder dein Erbarmen, aber auch die Kraft, dir treu zu bleiben bis wir bei dir am ewigen Ziel angekommen sind.

Amen

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