Gottesdienst am Karsamstag (19. April 2014)

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Gemeindezentrum St. Johannis

Predigt:
Diakon Günter Neidhardt

"Tag der Grabesruhe und
Hinabstieg in das Reich der Toten"

Ihr Lieben,

der Karsamstag, der Tag der Grabesruhe, unterbricht die Dramaturgie der Karwoche ein bisschen.

Begonnen mit dem Einzug in Jerusalem, der Salbung in Bethanien, Jesu ringen im Garten Gethsemane, Die Einsetzung des Abendmahls, Verrat, Verurteilung, Tod am Kreuz, gestern am Karfreitag.

Heute, Karsamstag,  der Tag der Grabesruhe. Ein stiller Tag, keine spektakulären Aktionen. Stille. Jesu im Reich der Toten. So bekennen wir im Glaubensbekenntnis. Hinabgestiegen in das Reich des Todes. Das ist wohl die bessere Übersetzung. Viele von uns haben Glaubensbekenntnis: „Niedergefahren zur Hölle“. im

Jesus ist tot, im Totenreich.

Das ist eine eigentümliche, ja vielleicht sogar etwas verstörende Vorstellung.

Ich habe ein Bild, genauer gesagt eine Ikone gefunden, das, soviel sage ich schon mal, auch etwas verstört. Ikonen, also Bilder, die hauptsächlich in den orthodoxen Kirchen eine wichtige religiöse Bedeutung haben, weniger als Kunstwerk (das sind sie meist ohne Frage auch), vielmehr sollen Ikonen Ehrfurcht wecken, eine existenzielle Beziehung zwischen dem Betrachter und Gott wecken. Ikonen sind Bilder voller Symbole und damit verbunden, theologischer Aussagen.

Die Ikone, die wir jetzt, zunächst in Ruhe betrachten, scheint so gar nicht zur Passionszeit zu passen, zeigt uns aber auch etwas eigentümliches, vielleicht verstörendes:

Schauen wir uns das Bild an:

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Ja, das haben sicher alle erkannt. Wir sehen ein Weihnachtsbild. Da sind Maria, Josef und das Kind zu sehen. Der Verkündigungsengel bei den Hirten, die himmlischen Heerscharen, Ochs und Esel, die drei Weisen aus dem Morgenland.

Aller bekannt aber ein Detail ist anders, eigentümlich, verstörend:

Das Jesuskind ist nicht in Windeln gewickelt, es ist in Leichentücher gehüllt und es liegt auch nicht  in der Krippe, sondern in einem Sarg.

Wie ich schon sagte, Ikonen möchten uns in Beziehung zu Gott setzen. Sie vergegenwärtigen uns,  durch ihre Symbolik Theologie und christliche Wahrheit.

Ihr Lieben, ja, das ist christliche Wahrheit und die sagt uns eben auch, dass Weihnachten nicht nur so ein Heitschi Bumbeitschi, so ein heimeliches Ereignis war und ist.

Es gehört mehr als alles andere zu unserem Glauben: Gott hat seinen Sohn in die Welt gesandt, als Opfer, als Sühne für die Schuld von uns Menschen. Aber auch als Chance wieder in eine Beziehung, eine neue Beziehung, zu Gott zu treten.

So war das vorgesehen, von Anfang an. Und das sagt uns auch diese Bild, diese Ikone.

Der Weg Jesu führt ans Kreuz zum Tod, ins Totenreich.  Bevor wir dann morgen (heute noch nicht) Ostern und die Auferstehung feiern dürfen, müssen wir heute noch diese verstörende Tatsache „Gott ist tot für uns“ aushalten.

Wir können da nur demütig und klein vor Gott stehen oder knien, angesichts dieser so konsequenten Erlösungstat.

Gott hat seinen Sohn in die Welt gesendet, daß er uns vorlebt, was es heißt Christ zu sein, in Beziehung zu Gott zu stehen. Er gab und gibt uns die Orientierung für unser Handeln. Aber, nur durch Jesu Tod am Kreuz und Auferstehung ist diese neue Gemeinschaft mit Gott erst (wieder) möglich.

Das ist keine einfache Theologie und manchmal wird uns ja vorgehalten, was das denn für eine schlimme Religion sei, das Christentum, in dem ein Leidender, Gekreuzigter im Mittelpunkt steht (und durch das Kruzifix überall dargestellt ist) und jetzt sogar noch ein Kind im Sarg abgebildet ist.

Wisst ihr, ich würde ja auch ganz gerne immer nur „Don´t worry be happy“ (also reg dich nicht auf, sei glücklich) predigen. Aber das Leben ist nicht so, es kennt, wir kennen auch die Tiefen und da ist es gut, einen Gott zu haben, der die Tiefen, das Reich der Toten, eben auch kennt, ja erlebt und erlitten hat.

Mit Blick auf diese Ikone könnten wir heute auch Weihnachtslieder anstimmen. „Heut schließt er wieder auf die Tür, zum schönen Paradeis oder „gnadenbringene Weihnachtszeit“-

Ich habe es mich nicht recht getraut. ‚Vielleicht traue ich es mich aber, zur Weihnachtszeit in der schön aufgebauten Weihnachtskrippe ein Kreuz aufzustellen.

Halten wir es heute noch aus: Jesus ist, Hinabgestiegen in das Reich des Todes. Halten wir es heute noch aus, in Demut, bevor wir morgen rufen dürfen: Christ ist erstanden.

Amen

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